Konstantin der Große Kaiser, Mörder, Heiliger



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Konstantin der Grosse: Kaiser, Mörder, HeiliGer

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 © 



kfw GmbH

 2013


b) Die rolle der frau in der frühen Kirche

das frühe Christentum räumte den Frauen tatsächlich einen für damalige Verhältnisse fast schon revolutio-

när hohen status ein. Während Frauen im römischen reich im allgemeinen gesellschaftlich und politisch 

offiziell fast keinerlei Bedeutung hatten,

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 gibt es eine reihe von Zeugnissen, die zeigen, dass sie in christli-



chen Gemeinden zunächst durchaus eine wichtige rolle spielten. 

so ist beispielsweise bei Paulus die rede von einem weiblichen diakon, der Phoebe (vgl. röm 16,1-2), von 

der apostelin, Junia, (vgl. röm 16,7) und von Priska, einer Frau, die offensichtlich eine sehr hohe Position in 

ihrer Gemeinde dabei sogar einen höheren rang als ihr Mann innehatte (vgl. u.a. in röm 16,3). 

andererseits sind im neuen testament auch stellen zu finden, die ein anderes Bild mit Blick auf die stellung 

der Frau vermitteln und zeigen, dass die schrift in dieser sache nicht ganz kohärent ist; gilt doch z.B. nach 1 

tim 3, dass das Bischofsamt nur von einem Mann übernommen werden darf und dass die Frau, wie es in 1 

Kor 14,34f. heißt, im Gottesdienst schweigen soll. 

diese letztgenannten stellen spiegeln eine entwicklung in der frühen Kirche ab, welche die Frauen schritt-

weise immer mehr aus solchen hohen Positionen verdrängte. dies hängt aller Wahrscheinlichkeit nach mit 

verschiedenen Faktoren zusammen. so bedeutete beispielsweise die integration des Christentums ins rö-

mische reich u.a., dass dessen gesellschaftliche und politische normen und regeln immer mehr einfluss im 

Bereich des christlichen lebens gewannen. dementsprechend wurde das Christentum auch insofern mit 

der Zeit „römischer“, als es die oben genannte Haltung zu den Frauen für sich übernahm. Frauen verloren 

kirchenpolitisch immer mehr an Bedeutung und wurden zunehmend von wichtigen Ämtern ausgeschlos-

sen, auch wenn ihnen der Zugang zum christlichen Kult selbstverständlich weiter offen stand. obwohl 

folglich das Christentum – wie im Film angemerkt – in der tat auch offen war für Frauen, ist die Frage, wel-

che rolle sie innerhalb der Kirche einnehmen konnten, differenzierter zu betrachten.

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literAtUrtipps ZUM theMA Der frAU iN Der ANtiKe UND iN Der früheN KirChe



 

● sarah B. Pomeroy: Frauenleben im klassischen altertum, stuttgart 1985.

 

● Jane F. Gardner: Frauen im antiken rom. Familie, alltag, recht (übers. von Kai Brodersen), München 



1995.

 

● Peter dinzelbacher / Werner-Helmut Heinz: europa in der spätantike 300-600, darmstadt 2007.



 

● „Frauen in der frühen Kirche“ (= Bibel und Kirche 4/2010, Kath. Bibelwerk stuttgart), inhaltsverzeichnis: 

https://www.bibelwerk.de/sixcms/media.php/169/inhalt410.pdf

c) Die unteren Gesellschaftsschichten und ihre rolle im frühen Christentum 

das mit Blick auf die stellung der Frau im frühen Christentum ausgeführte gilt mutatis mutandis auch für 

die Frage nach der rolle, welche die unteren Gesellschaftsschichten in der anfangszeit des Christentums 

spielten. es ist zwar sicher richtig, dass die Zugehörigkeit zum christlichen Kult nicht von einem bestimmten 

sozialen oder politischen stand abhängig war. Christen werden konnten sklaven wie senatoren, arme wie 

reiche. des Weiteren ist es auch zutreffend, dass die Gemeinden der frühen Kirche sich durch die Bildung 

einer starken solidargemeinschaft und durch eine hohe Wertschätzung caritativer nächstenliebe auszeich-

neten. andererseits hatte das soziale engagement der Christen auch Grenzen und sollte nach heutigen 

Maßstäben nicht überbewertet werden. so wurden zwar sklaven in die Gemeinschaft aufgenommen, der 

Kontakt zu diesen Gemeindemitgliedern führte jedoch nicht dazu, dass die Christen die rechtmäßigkeit der 

sklaverei  grundlegend  hinterfragten.  Wie  die  meisten  sozialen  Gegebenheiten  des  römischen  reichs 

1  Eine Ausnahme im religiösen Bereich stellen die Priesterinnen der Vesta dar.

2  Nach Meinung einiger Forscher(innen) ist das eben angesprochene Schweigegebot für die Frau, wie es im ersten Korintherbegriff 

begegnet, möglicherweise als Reaktion darauf zu deuten, dass gnostische Lehrerinnen und Priesterinnen in christlichen Gemeinden 

an Einfluss gewannen. Paulus‘ Forderung, dass die Frau im Gottesdienst schweigen solle, könnte möglicherweise im Sinne einer 

Abwehr solcher gnostischer Strömungen gedeutet werden.




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wurde die sklaverei als gesellschaftliches Faktum hingenommen und nicht prinzipiell kritisiert. ein aufkom-

men der „sozialen Frage“, wie es etwa im 19. Jahrhundert zu beobachten ist, kann in der antike bzw. spätan-

tike nicht ausgemacht werden.

literAtUrtipps ZUM ANtiK-ChristliCheN VerhältNis ZUr sKlAVeNfrAGe: 

 

● elisabeth  Herrmann-otto:  sklaverei  und  Freilassung  in  der  griechisch-römischen Welt,  Hildesheim 



2009.

 

● Henneke Gülzow: Christentum und sklaverei in den ersten drei Jahrhunderten, Hamburg 1999.



 

● Hans langenfeld: Christianisierungspolitik und sklavengesetzgebung der römischen Kaiser von Kon-

stantin bis theodosius ii., Bonn 1977.

ZUr erGäNZUNG: iNDiViDUelle heilsreliGioN Vs. polytheistisChe VolKsreliGioN

ein weiterer wichtiger aspekt, der die Faszination des spätantiken Christentums zu erklären vermag, wird im 

Film nicht angesprochen. Während die klassische römische religiosität dem Bereich polytheistischer Volks-

religionen zuzurechnen ist, legte das Christentum besonderen Wert auf die Frage nach dem Heil und der 

erlösung des einzelnen. Wie zuvor besprochen, (s.o. Kapitel 3.2) zielte die klassische römische Form der re-

ligion vor allem auf die Wahrung der gesellschaftlichen, staatlichen und kosmischen ordnung ab. das Heil 

und die erlösung des oder der einzelnen spielte in diesem Zusammenhang keine große rolle. anders ver-

hielt es sich im Kontext christlicher religiosität – aber nicht nur in diesem. die verstärkte Perspektive auf das 

Heil des einzelnen teilte das frühe Christentum mit anderen, auch aus dem osten stammenden religionen, 

die in der spätantike ebenfalls eine Blütezeit erlebten. Hier ist vor allem an den Mithras-Kult, aber auch bei-

spielsweise an die isis- und sarapiskulte zu denken. diese standen in unmittelbarer Konkurrenz zum Chri-

stentum, da sie – wie dieses auch – die in der spätantike zu verzeichnende tendenz zur Besinnung auf das 

Heil des einzelnen aufnahmen. Konstantins entscheidung, das Christentum zu fördern, hatte einen wichti-

gen einfluss darauf, dass sich diese religion letztlich im römischen reich gegen ihre Konkurrenz durchset-

zen konnte. 

diskussionsvorschlag: Hier könnte man den Film anhalten und die Frage nach der Faszination des Christen-

tums  zum  thema  machen.  dabei  könnte  man  u.a.  herauszuarbeiten,  weshalb  das  Christentum  in  der 

spätantike zu faszinieren vermochte und wie sich die situation in der heutigen Zeit darstellt: 

 

● Kann das Christentum auch heute noch Menschen faszinieren? 



 

● Wie unterscheidet sich die situation der Christen damals von der heute? 

 

● Könnte eine Betrachtung spätantiker Christlichkeit helfen, Probleme und Herausforderungen, denen 



das Christentum heutzutage begegnet, anzugehen?

literAtUrtipps: 

Jörg rüpke: Von Jupiter zu Christus. religionsgeschichte in römischer Zeit, darmstadt 2011.

ders.: die religion der römer. eine einführung, München 2006.

Peter dinzelbacher / Werner-Helmut Heinz: europa in der spätantike 300-600, darmstadt 2007.

Kay ehling / Gregor Weber: Konstantin der Große zwischen sol und Christus, darmstadt 2011.

Hans Koepf: Mithras oder Christus, sigmaringen 1987.



KAp. 04: Die reiChsKrise Des ZWeiteN UND DritteN JAhrhUNDerts (Ab 10:10)

die eben genannte tendenz, das Heil des einzelnen in den Vordergrund zu stellen, mag in einem Zusam-

menhang zu den seit Mitte des dritten Jahrhundert verstärkt auftretenden Krisen des römischen reiches 

gestanden haben. in dieser Zeit, so die dokumentation, kommt alles zusammen. neben Barbareneinfällen 

sind es vor allem Hungersnöte und Missernten, die schwer auf der Bevölkerung lasten und das reich an den 

rand eines Bürgerkrieges bringen. 




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