Geboren wurde, wissen wir nicht von ihm selbst



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Plotin 

Eine Einführung in den „Neuplatonismus“. SS 2015

Plotin wird 204 nach Christus geboren und ist im Jahre 270 in Minturnae, zwischen Rom 

und Neapel gelegen, gestorben. Wo, wissen wir nicht. Das liegt nicht daran, dass wir über 

die Biographie dieses Philosophen nichts wissen. Im Gegenteil: wir haben eine 

ausführliche Beschreibung „Über Plotins Leben und über die Ordnung seiner Schriften“. 

Diesen Text hat ein Schüler des Plotin verfasst, Porphyrios, ungefähr 30 Jahre nach dem 

Tod seines Lehrers. Dieser Porphyrios ist selber ein Philosoph gewesen, er hat z.B. die 

sogenannte „Isagoge“ (εἰσαγωγή), eine im Mittelalter sehr wichtige Einführung in die 

„Kategorienschrift“ des Aristoteles geschrieben. Der erste Satz dieser Biographie über 

Plotin lautet: „Plotinos, der Philosoph, der zu meiner Zeit lebte, war die Art von Mann, die 

sich dessen schämt, im Leibe zu sein (εἶναι ἐν σώματι); aus solcher Gemütsverfassung 

wollte er sich nicht herbeilassen, etwas über seine Herkunft, seine Eltern oder seine 

Heimat zu erzählen.“ Deshalb wissen wir nicht, wo Plotin geboren wurde, auch wann er 

geboren wurde, wissen wir nicht von ihm selbst.

Man kann natürlich im Großen und Ganzen etwas über seine Herkunft sagen. Plotin 

schreibt griechisch, er ist in jeder Hinsicht griechisch sozialisiert. Sein Name aber ist 

römisch. Er muss demnach irgendwo im griechisch sprechenden Ost-Rom geboren sein - 

allerdings sprach man auch in Süditalien oder Sizilien griechisch. Jedenfalls scheint die 

Legende, Plotin sei ein Ägypter aus Lykopolis (das glaubt noch Hegel), nicht zuzutreffen. 

Doch eigentlich sind diese Überlegungen fehl am Platze. Die Frage ist doch, warum Plotin 

die Auskunft über seine Herkunft verweigert. Schauen wir noch einmal in die Biographie. 

Dort heißt es weiter: „Einen Maler oder Bildhauer zu dulden wies er weit von sich, ja er 

erklärte dem Amelius, der ihn um seine Einwilligung bat, daß ein Bild von ihm verfertigt 

werde: Es soll also nicht genug daran sein, das Abbild zu tragen, mit dem uns die Natur 

umkleidet hat, nein, du forderst, ich soll freiwillig zugeben, daß ein Abbild des Abbildes von 

mir nachbleibe, ein dauerhafteres, als sei dies Abbild etwas Sehenswertes!“ Plotin, so hieß 

es vorhin, habe sich geschämt, „im Fleisch“ zu sein. Nun verweigert er die Möglichkeit, 

sich abbilden zu lassen. Warum? Worauf verweist dieses für uns vielleicht seltsame 

Verhalten?

Plotin gibt sich als φιλόσοφος zu erkennen. Philosoph, das heißt aber für Plotin, 

Liebhaber des Platon: „Monat aber und Tag, an dem er geboren, hat er niemals jemandem 

verraten; er wollte nicht, daß jemand an seinem Geburtstagsfest opfere oder feiere, 

obgleich er selber an den überkommenen Geburtstagen des Platon und des Sokrates 

opferte […].“ Philosophie, das war für Plotin - aber nicht nur für ihn - zuerst Platonische 

Philosophie. Plotin gehört zu einer Gruppe von Philosophen, die man als „Neuplatoniker“ 

bezeichnet. Vom „Neuplatonismus“ unterschieden wird ein „Mittelplatonismus“, Vorgänger 

der „Neoplatoniker“ sind die sogenannten „Mittelplatoniker“. Nun - die Kontinuität des 

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Platonismus garantierte die sogenannte Platonische Akademie, von Platon nach dem Tod 

des Sokrates selbst gegründet. Sie wurde erst im Jahre 529 nach Christus vom 

christlichen Kaiser Justinian I. geschlossen. Er war es dann auch, der Bücher der 

„Heiden“, also der Philosophen, öffentlich verbrennen ließ. Dazu gleich noch etwas.

(Zur Vollständigkeit: nach Plotin ist vor allem der Neuplatoniker Proklos (412-485) zu 

nennen. Er leitete ab 437 die Platonische Akademie. Der Begriff „Neuplatonismus“ stammt 

übrigens aus historiographischen Schriften des 18. Jahrhunderts. Vielfach wurde er 

kritisch verwendet, weil die Aufklärung z.B. in Plotin mehr oder weniger nur einen 

„Schwärmer“ hat sehen können. Es gibt in der Tat Seiten an Plotin, die uns seltsam 

erscheinen. Auch dazu gleich noch mehr.)



Der Philosoph für Plotin ist Platon. Um also den Neuplatonismus im Ansatz zu verstehen, 

müssen wir ein wenig auf Platon schauen und uns fragen, was Plotin und die anderen 

Philosophen denn an Platon so wichtig gefunden haben, was unverrückbar in ihr eigenes 

Denken einfloss, was sozusagen vorausgesetzt werden muss.

Dabei kann ich nun natürlich nicht umfassend auf Platon eingehen. Aber ein paar 

Momente dieses Denkens müssen doch mitgeteilt werden, damit wir die neuplatonischen 

Vorraussetzungen kennenlernen. Zuerst ist da zu nennen, dass Platon einen tiefen 

Unterschied zwischen den sinnlichen Dingen und einer Sphäre des Übersinnlichen macht. 

Diesen Unterschied nennt er χωρισμός. Er trennt den Körper (σῶμα) von der Seele 

(ψυχή). Diese Differenzierung ist natürlich essentiell für das ganze Abendland, für die 

gesamte Geschichte der Philosophie bis heute. Wir unterscheiden z.B. einen Realismus 

und/oder Materialismus von einem Idealismus. Wir diskutieren, ob übersinnliche „Ideen“ 

unsere Wirklichkeit bestimmen oder materielle Notwendigkeiten wie z.B. unsere 

Bedürfnisse, unser Begehren. Das beginnt mit Platon.

Damit haben wir schon den Platonischen Begriff kennengelernt: ἰδέα. Die Idee - was ist 

das? Wir könnten antworten: ein Allgemeinbegriff. Nehmen wir eine empirische Katze, 

eine schwarze mit weißen Punkten auf den Ohren. Wir können diese Katze nur als eine 

erkennen, weil wir wissen, dass es die Katze gibt. Die Katze ist der Allgemeinbegriff, der 

es uns erlaubt, alle empirischen Katzen, die ja sehr verschieden sein können, eben 

„Katze“ zu nennen. Plotin spricht von einem „Abbild“. Das meint, dass das Urbild eben die 

Idee ist und alles einzelne Seiende, davon unterschiedene, als Abbild erscheint. Dass er 

dann auf das Abbild des Abbildes verweist, entspricht einer Platonischen Kritik an der 

Kunst. 

Was aber ist Inhalt dieser Kritik? Hier nun kommt noch etwas anderes ins Spiel, das dem 



Verständnis der Idee als Allgemeinbegriff gewissermaßen widerspricht. Was ist der 

Unterschied zwischen einer Katze und der Katze? Wir kennen das von Katzenfreunden: 

sie haben eine Katze, die stirbt leider, sie kaufen sich eine neue. Sowohl die eine als auch 

die andere ist Katze. Während also die sinnlichen, empirischen Individuen vergehen, 

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