Slaby Drei Haltungen Affekt web vorab



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jan slaby – 4-2016



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Drei Haltungen der Affect Studies 

 

Jan Slaby 

jan.slaby@fu-berlin.de

    

 

- draft version – do not cite without permission - 



 

 

Abstract 

Der vorliegende Text erläutert und kontrastiert drei intellektuelle Haltungen, die in den kultur- 

sozial-, und geisteswissenschaftlichen affect studies bedeutende Rollen spielen. Die 

vergleichende Analyse dieser Orientierungen dient dazu, Missverständnisse in der Rezeption 

der affect studies zu vermeiden und begriffliche Kontroversen zu schlichten. Zugleich fungiert 

der Text als ein showcase der Stärken und Potenziale einer Affektforschung, die sich sowohl 

der individualisierenden Tendenz der Psychologie als auch dem Raster einer an kategorialen 

Emotionstypen orientierten Forschung widersetzt. Als exemplarische Vertreter_innen der 

untersuchten Haltungen firmieren Brian Massumi, Margaret Wetherell und Sara Ahmed. 

Insgesamt plädiert der Text für eine politisch engagierte, involvierte und aktivistische Haltung 

in der Erforschung sozialer Affizierungsverhältnisse. 

 

KeywordsAffekt, Emotion, intellektuelle Haltung, Prozessontologie, Interaktionsforschung, 

Aktivismus, akademisches Schreiben, Brian Massumi, Margaret Wetherell, Sara Ahmed 

 

 



1.  Einleitung 

 

Das Thema „Affekt“ hat sich in den letzten Jahren zu einem Konfliktfeld entwickelt, auf dem 



grundverschiedene intellektuelle Haltungen aufeinander treffen. Dies gilt besonders für jene 

geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Stränge der Forschung, die sich unter dem 

Banner der affect studies versammeln (vgl. Gregg und Seigworth 2010). Zum Teil sind es 

Kontroversen zwischen akademischen Kulturen und Disziplinen, die sich am Gegenstand 

„Affekt“ entzünden – etwa wenn es um die Differenzen zwischen den Vertreterinnen 

sozialwissenschaftlicher Forschungsmethodologien und den zum Teil eher essayistisch, 

anekdotisch oder literarisch verfahrenden Cultural Studies geht. Teils geht es um Konflikte 

fundamentaler metaphysischer Orientierungen, teils prallen politische Haltungen aufeinander, 

häufig sorgen markante Stilunterschiede für wechselseitiges Befremden. Die Verständigung 

darüber, was „Affekt“ ist, wie sich Affekte oder affektive Prozesse, Zustände oder 

Dynamiken adäquat fassen und begrifflich sowie theoretisch eingrenzen lassen, ist nicht zu 

trennen von Fragen nach den jeweiligen Zugangsweisen. Es sind unterschiedliche 

intellektuelle Haltungen, von denen aus Affekte und Affektivität jeweils auf charakteristische 

Weise in den Blick rücken. Insofern ist es sinnvoll, die Gegenstandsbestimmung im Feld des 

Affektiven im Verbund mit einer Verständigung über diese Orientierungen und die 

Differenzen und Reibungspunkten zwischen ihnen anzugehen. 

In einer groben ersten Annäherung an diese Problematik unterscheide und untersuche ich im 

Folgenden die Haltung des Metaphysikers, die Haltung der Forscherin sowie die Haltung der 



Aktivistin. Idealbild der ersten Kategorie ist Brian Massumi, die zweite Klasse verkörpert 

Margaret Wetherell und die dritte Kategorie wird von Sara Ahmed repräsentiert. 

Eine Kontrastierung dieser Perspektiven kann erhellen, warum es teilweise gravierende 

Differenzen in der Gegenstandsbestimmung affektiver Phänomene gibt, selbst bei 

Autor_innen, deren disziplinäre Zugehörigkeiten eigentlich eine sachliche Nähe erwarten 

lassen. So wird verständlicher, weshalb das Affektive ein dermaßen umkämpftes Feld ist. 

Zudem fällt insgesamt Licht auf die zentrale Bedeutung von forschungsleitenden Anliegen, 







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Orientierungen und intellektuellen Stilen in diesem Bereich.



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 Schließlich kann der angestrebte 

Vergleich dabei helfen, zentrale Aspekte unterschiedlicher, aber jeweils in ihrem 

angestammten Bezirk sinnvolle und produktive Forschungsstrategien und -Techniken zu 

unterscheiden. Die folgende Analyse zielt vor allem auf die Stärken und Potenziale der 

kontrastierten Orientierungen, so dass der Text vor allem als Plädoyer für einen 

methodologischen und stilistischen Pluralismus in der Affektforschung gelesen werden kann. 

Damit ist die Tendenz des Textes aber zugleich eine kritische, denn viele Ansätze in diesem 

Feld kranken an Einseitigkeiten. Diese äußern sich etwa in zu eng gefassten 

Phänomenbestimmungen, in einer fehlgeleiteten Neutralität dem Gegenstand gegenüber oder 

in einem Mangel an Phantasie und Toleranz gegenüber alternativen Zugängen. 

Die folgende Untersuchung intellektueller Haltungen wird zudem den Blick auf das 

atmosphärische Moment lenken, das den behandelten Texten selbst eigen ist. Akademische 

Texte transportieren nicht nur semantische Gehalte, sondern erzeugen einen affektiven 

Resonanzraum, der Leser_innen zu unterschiedlichen Formen des Mit- oder 

Gegenschwingens animiert. Es gilt, diese bislang vernachlässigte Dimension intellektueller 

Praxis – insbesondere intellektuellen Schreibens – stärker in den Blick zu rücken.

 



 

2. Affekt, Affektivität, Affect Studies – Umrisse eines Konfliktfeldes 

 

Wenn in diesem Beitrag von Affekt und den sogenannten affect studies die Rede ist, dann ist 



damit in erster Linie ein jüngerer Trend im Bereich der Kultur-, Geistes- und 

Sozialwissenschaften gemeint, in dem affektive Phänomene eine zentrale Rolle spielen (vgl. 

Clough und Halley 2007; Gregg und Seigworth 2010; Angerer et al. 2014). Die Genealogie 

dieses Trends ist vielschichtig und teilweise umstritten (vgl. Blackman 2012). Gerne wird auf 

psychoanalytische und entwicklungspsychologische Ursprünge der relevanten Affektlehren 

verwiesen (vgl. Papoulias & Callard 2010); bedeutsam ist zudem die Wende zum Gefühl in 

den Neurowissenschaften der 1990er Jahre, die anfangs eine große Faszination auf 

Vertreterinnen der Geistes- und Sozialwissenschaften ausgeübt hatte (ibid.). Nicht weniger 

wichtig ist ein technologisch-medienwissenschaftlicher Strang des affective turn: dort geht es 

um die Intensivierung und Formatierung von Affizierungsmodalitäten durch neue Medien, 

insofern diese verstärkt subliminal und vorbewusst wirken (Angerer 2007; Hansen 2004). 

Zudem lässt sich eine deutlicher geisteswissenschaftlich fundierte Ursprungserzählung 

ausmachen, in der zwar unter anderem auch Freud eine Rolle spielt, aber vor allem 

hinsichtlich seiner Wirkung auf kulturtheoretische und sozialkritische Ansätze des 20. 

Jahrhunderts (vgl. Grossberg 1992 & 2010; Williams 1977). In diese Entwicklungslinie 

gehören zahlreiche vor allem kulturwissenschaftliche Abhandlungen und Fallstudien, die in 

den letzten Jahren das Feld der affect studies geprägt haben – Studien der affektiven Wirkung 

von Orten, von gestalteten Räumen, von medialen Praktiken, sei es am Arbeitsplatz, in der 

 Im Hintergrund meiner Überlegungen zur Haltungen und intellektuellen Orientierungen steht u.a. das 



Konzept der intellektuellen Tugenden von Daston und Galison – jedoch weniger in einer buchstabengetreuen 

Lesart denn als ein allgemeinerer Fingerzeig in Richtung der Zentralität von orientierenden Perspektiven auf 

Seiten der Forschenden, gleichsam die subjektive bzw. konkret-intersubjektive Dimension des 

Forschungsprozesses, die auch schon von Ludwik Fleck und Thomas Kuhn betont wurde (vgl. Daston & Galison 

2006). 



 Freilich ist die vorliegende Abhandlung weder eine literaturwissenschaftliche noch eine linguistische 



bzw. textwissenschaftliche Untersuchung, und auch keine dezidierte Kulturanalyse des Lesens bzw. der „Lust“ 

daran (vgl. Barthes 2010). Das Augenmerk liegt nicht auf den technischen Details der affektiven Wirkweise der 

besprochenen Texte, sondern auf dem jeweiligen Gesamtkomplex aus inhaltlicher, stilistischer und evokativer 

Orientierung der behandelten Autor_innen, sofern dieser in direktem Zusammenhang mit der 

Gegenstandsbestimmung des Affektiven steht. 



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