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E. Gegenwärtige
Arbeitsbedingungen
1. Historische
Entwicklung
Im Kontext der kurzen und seltenen Parlamentssitzungen im 19. Jh., welche
von den Parlamentariern wenige berufliche Opfer abverlangten, bezweckte die
Entschädigung zu Beginn nur, die mit der Funktion verbundenen Ausgaben zu
decken. Dabei ist hervorzuheben, dass die Parlamentarierfunktion zu jener Zeit
einem kleinen Kreis von vermögenden Personen vorbehalten war. Im Zuge der
Demokratisierung und Intensivierung der Parlamentsarbeit kamen der Ent-
schädigung neue Funktionen zu.
Die letzen vierzig Jahre parlamentarischer Beschäftigung mit Entschädigungs-
fragen sind durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
In Intervallen von 1-7 Jahren befasste sich das Parlament mit der Frage der
Entschädigung, wobei jeweils grundsätzliche Erhöhungen oder der Teue-
rungsausgleich zur Debatte standen.
Obwohl bereits 1923 das Taggeld „einen gewissen Entgelt für den Lohn-
ausfall“ darstellen sollte, betrafen die Debatten mit Schwergewicht Spesen-
faktoren aller Art (Unterkunftsansätze, Parkplatzgebühren, usw.) sowie de-
ren Differenzierung.
1968 wurde der „Taggeldbereich“ um die „Funktionszulagen“ erweitert.
Weiterführende Anträge einer differenzierten Entschädigung nach Bean-
spruchung blieben ohne Erfolg.
1983 wird erstmals der gesamtheitliche Ansatz zur Verbesserung der Ar-
beitsbedingungen erwähnt, verbunden mit einem internationalen Vergleich
der Entschädigungen.
1988 wird erstmals eine soziale Komponente der Entschädigung in Form
der Altervorsorge eingeführt. Bei dieser Totalreform wurde der heute gültige
Modus der Jahresentschädigung, welcher einen Teil als Einkommens, den
andern als Infrastrukturaufwendung betrachtet, definiert.
Versuche weiterer sozialer Ausrichtungen scheiterten bisher.
1991 scheiterte auch der Versuch, durch eine massive Erhöhung der
Grundentschädigung die Entschädigungen an Aufwand und Leistung des
Parlamentsmitgliedes zu orientieren.
Die Entschädigungsdebatten beschränkten sich praktisch immer auf Diskussionen
über die Höhe bestimmter Geldbeträge im Rahmen der Auslagen der Parlaments-
mitglieder während ihrer Tätigkeit in Bern.
Die wenigen Versuche, die Entschädigung zuerst einmal nach Ordnungsprinzipien
festzuhalten, scheiterten allesamt.
Die Diskussion über die Höhe der Leistungsentschädigung wurde primär über die
Argumentation des „Verlustes des Milizcharakters und den Übergang zum
Berufsparlament“ geführt. Die Argumentation, dass der schleichende Übergang zum
Berufsparlament nicht durch die Bezahlung, sondern durch die zeitliche Belastung
bestimmt wird, fand wenig Gehör.
Die bisherige Präferenz des Stimmvolkes für ein Milizparlament und die Erwartungen
an die Parlamentarier, ihre ehrenvolle Arbeit mindestens teilweise auch ehrenhalber
auszuführen, stand in den politischen Diskussionen dem Anspruch entgegen, dass
im Parlament alle Bevölkerungskreise vertreten sein sollten, um Repräsentativität zu
gewährleisten.
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Der Verlauf dieser politischen Auseinandersetzung prägte
die historische Entwick-
lung der Entschädigungshöhen entscheidend. Der Einfluss "objektiver" Komponen-
ten (Aufwand, Leistung, soziale Ausrichtung, Reputation, usw.) war relativ beschei-
den. Die Wissenschaft fand auch keine Korrelation der Entschädigungshöhe mit der
wirtschaftlichen Entwicklung des Landes (BSP, Staatshaushalt, Konjunkturzyklen).
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2.
Bezüge der eidgenössischen Parlamentsmitglieder
Auf Grundlage des Entschädigungsgesetzes (SR 171.21) und des Bundesbeschlusses
zum Entschädigungsgesetz (SR 171.211) erhalten die Ratsmitglieder folgende
Entschädigungen (Stand 1.Januar 2001):
Analytische
Kategorie
Name
Rechtsgrundlagen
Betrag
Zahlungsmodus
Steuerpflicht
Grundentschädigung
(Fixum)
Jahresentschädigung
für Vorbereitungs-
arbeiten
(BG Art. 2; BB Art. 1)
Fr. 12'000.-
Quartalsweise,
steuerpflichtig
Jahresentschädigung
für Beitrag allg.
Unkosten
(BG Art. 2; BB Art. 1)
Fr. 18'000.-
Quartalsweise,
steuerfrei
Variable Aufwandent-
schädigung
Taggeld
(BG Art. 3; BB Art. 2)
für jeden Sitzungstag im
In- und Ausland.
Fr. 400.-
pro Sitzung oder
Session,
steuerbar
Vorsorge
Vorsorge
(BG Art. 7; BB Art. 7);
Entschädigung entspricht
zulässigem Höchstbeitrag
an anerkannte Formen
der gebundenen
Selbstvorsorge
(Säule 3a) für Personen
mit 2. Säule.
Fr. 5'933.- pro
Jahr
Quartalsweise;
Steuerliche Be-
handlung gemäss
Merkblatt Eidg.
Steuerverwal-
tung
Funktions-
entschädigungen
Tätigkeit im Ausland
(Art. 4; BB Art. 3, Abs. 5)
Reisetag.
Fr. 350.-
pro Sitzung,
Session oder
Reisetag,
steuerfrei
Entschädigung für
Kommissions-
präsidenten
(BG Art. 9)
Entspricht einem Taggeld,
wird für jede
Kommissionssitzung
ausgerichtet.
Fr. 400.-
pro Sitzung oder
Session,
steuerbar
Berichterstattung
(BG, Art. 9) Für jeden
mündlichen Bericht ein
halbes Taggeld.
Fr. 200.-
pro Sitzung oder
Session,
steuerbar
Ratspräsidentschaft
(BG Art. 11; BB Art. 9)
Fr. 40'000.-
Quartalsweise,
steuerfrei
Ratsvizepräsident-
schaft
(BG Art. 11; BB Art 9)
Fr. 10'000.-
Quartalsweise,
steuerfrei
Sonderentschädigung (BG Art. 10)
Kann für Sonderaufgaben
ausgerichtet werden, die
ein Ratsmitglied im
Auftrag des
Ratspräsidiums, der Büros
oder einer Kommission
erfüllt.
Ratsbüro
entscheidet
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Hasler, Thomas: „Dienen, nicht verdienen, soll das oberste Gebot des Politikers sein: wie der Staat seine Bun-
desräte, Nationalräte und Chefbeamten besoldet.“ Chur, Rüegger 1998.