Von Hinterpommern nach irgendwo …



Yüklə 2,25 Kb.
Pdf görüntüsü
səhifə5/34
tarix04.02.2018
ölçüsü2,25 Kb.
#23510
1   2   3   4   5   6   7   8   9   ...   34

26 
Unmittelbar am Hause lag ein halber Morgen 
Ackerland, der für Gemüse, Frühkartoffeln, Apfel-, 
Pflaumen-, Kirsch- und Birnenbäume sowie Beeren-
sträucher genutzt wurde. Vor der Küche wuchsen 
im Sommer der intensiv riechende Dill für den 
Gurkensalat und saure Gurken, der Schnittsalat, der 
mir damals mit süßer Sahne und ausgelassenem 
Speck immer besser als der seltener angepflanzte 
Kopfsalat schmeckte, die Tomaten, die mit Zwiebeln, 
Salz und Pfeffer aufs Butterbrot kamen und nicht als 
Salat angemacht und gegessen wurden, die Stangen-
bohnen, die Schwarzwurzeln und die Pfefferminze 
für den Tee. Möhren, Rote Beete, Wirsing-, Rot-, 
Weiß- und Blumenkohl, Kohlrabi und Radieschen 
waren ebenso versammelt wie Petersiliewurzeln, 
Schnittlauch, Schalotten, Sellerie, Porree, Dicke 
Bohnen, Kürbis und Erbsen, denn der eigene Garten 
musste die Versorgung über das ganze Jahr sicher-
stellen. Aber auch Dahlien, Stiefmütterchen, Astern, 
Tagetis und Vergissmeinnicht wuchsen und blühten 
im Garten. Unmittelbar vor der Küche und dem 
Hauseingang ließ Mutter immer Wicken und Zier-
kürbisse am Staketenzaun ranken.  
Bruder Otto wusste noch zu berichten, dass der 
Stundenlohn eines Klein Nossiner Landarbeiters vor 
Kriegsende sieben Pfennige betrug. Dazu kamen als 
Deputat die freie Wohnung nebst Nutzung der 
Nebengebäude, ein halber Morgen Ackerland am 
Bargeld 
und 
Deputat 
Haus-
garten 


27 
Hause, weitere eineinhalb Morgen Ackerland, zwei 
Wiesen, acht Raummeter Holz pro Jahr, vier Tage 
zur Torfgewinnung, Stroh für Kuh- und Schweine-
stall, außerdem zwölf Zentner Roggen und vier 
Zentner Hafer oder Gerste. Sofern ein zweiter Fami-
lienangehöriger als Gutsarbeiter tätig wurde, erhöh-
ten sich diese Deputate um die Hälfte. Eingeschlos-
sen waren darin eine Kuh- und Gänseweide und die 
Gestellung eines Backofens nebst Heizmaterial sowie 
täglich ein bis zwei Liter Milch, wenn die Kuh vor 
dem Kalben trocken stand.  
Trotz wiederholter Recherchen ist es mir nicht 
gelungen, in Bibliotheken und Archiven einen hin-
terpommerschen Landarbeitertarif ausfindig zu 
machen, der im Detail die Vergütung nach Bargeld, 
Deputat und der Zahl der beschäftigten Familienan-
gehörigen regelt. 
In der Familie und im Dorf wurde hinterpommer-
sches Platt gesprochen. Der Gutsbesitzer von der 
Marwitz wurde mit „Herr Rittmeister“ angeredet, 
seine Frau als „Gnädige Frau“. Ob diese Anreden 
von allen Gutsarbeitern und deren Angehörigen und 
auch von den Bauern verwandt wurden, habe ich 
nicht mitbekommen und auch im Nachhinein nicht 
in Erfahrung bringen können.  
Was bis zum Tage meiner Einschulung im Jahre 
1936 an hochdeutscher Sprache an mein Ohr gedrun-
gen ist, vermag ich nicht zu sagen, möglicherweise 
Die  
Sprache  


28 
Autor dieser ab 1929 in der Zeitung für Ostpommern 
erschienenen plattdeutschen Vertellsels war der 1912 
geborene Walter Pigorsch aus Vietkow, Kreis Stolp. Den 
oben auszugsweise stehenden Nachdruck eines dieser 
Vertellsels entdeckte ich mit großer Wiedersehensfreude 
im Jahre 2007  im Stolper Heimatblatt, Jahrgang 1963, 
Seite 283, nachdem ich bereits im Jahre 2000 in einem 
Zeitungsarchiv nach einer Spur dieser Vertellsels irrtüm-
lich in der Stolper Grenz-Zeitung gesucht hatte. 
 


29 
sind es hochdeutsche Texte der Weihnachts-, Volks- 
und Kirchenlieder gewesen. Gegenwärtig ist mir 
noch, dass wir zu Beginn der Schulzeit unter uns 
acht Erstklässlern – vier Jungen und vier Mädchen – 
unbekümmert plattdeutsch gesprochen haben. 
Daran ergötzten sich die schon sprachgewandteren 
Schüler, deren Rolle wir dann bald selbst einnehmen 
sollten.  
Mit meinem Opa habe ich in der Tageszeitung 
gerne die plattdeutschen Texte „Krischan vertellt“ 
gelesen. Plattdeutsch wurde auch gesprochen, wenn 
die Eltern und Großeltern im Sommer nach Feier-
abend oder an Sonntagen nachmittags zusammensa-
ßen und erzählten. Meistens hatten dann die Männer 
das Wort. Sie redeten von ihren Erlebnissen im 
Ersten Weltkrieg, vor allem von den Gegenden und 
Ländern, die sie dabei kennengelernt hatten. Bei 
Frauen und Kindern, die kaum die Dorfgrenze 
überschritten, fanden sie damit immer interessierte 
Zuhörer. Zu solchen Runden gehörte eine Flasche 
Bier, für Frauen und Kinder hin und wieder auch 
eine Flasche Malzbier; in größerer sommerlicher und 
sonntäglicher Runde beförderte sogar ein vom Fass 
gezapftes Bier die Geselligkeit. An eine solche Runde 
unter der großen Esche vor unserem Hause mit den 
Nachbarn Pallas und Kayser erinnere ich mich noch 
in vielen Details.  
 


30 
Vater als Soldat im Ersten Weltkrieg 1914
 


31 
Von Vaters Kriegserlebnissen sind mir seine Erzäh-
lungen von Varna am Schwarzen Meer im Gedächt-
nis geblieben, weniger wegen ihres Inhalts als da-
durch, dass ich Varna im Atlas aufsuchte und mich 
später immer daran erinnerte, wenn ich auf eine 
Karte mit dem darauf abgebildeten Schwarzen Meer 
schaute. Das ist bis auf den heutigen Tag so geblie-
ben. Oft habe ich den Zusammenhang seiner an die 
Erwachsenenrunde gerichteten Erzählungen nicht 
verstanden, weil er dabei Kenntnisse über Personen, 
Zusammenhänge und Ereignisse voraussetzte, die 
mir fehlten und die ich mir nicht zusammenreimen 
konnte. Fragen und Antworten zum Verständnis gab 
es nicht.  
Ob Vaters Feldpostkarten und -briefe aufbewahrt 
wurden? Ob er während seiner Soldatenzeit hoch-
deutsch sprach oder in einer hinterpommerschen 
Einheit auch von nur plattdeutsch sprechenden 
Kriegskameraden umgeben war, in der militärische 
Befehle auch plattdeutsch erteilt wurden?  
Ob Vater auch wie andere Männer im Dorfe priem-
te? Er schnupfte Tabak, den er sich aus einem ver-
schließbaren kleinen Horn auf den linken Handrü-
cken von Zeigefinger und Daumen stieß. Ob er 
besonderen Gefallen am Schnupfen hatte oder es tat, 
weil es preiswerter und während der Arbeit prakti-
scher war, als Zigaretten zu drehen oder Pfeife zu 
stopfen? Vielleicht verboten die Arbeiten während 
Tabak 
rauchen, 
priemen 
und 
schnup-
fen 
Vaters 
Erzäh-
lungen 


Yüklə 2,25 Kb.

Dostları ilə paylaş:
1   2   3   4   5   6   7   8   9   ...   34




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©www.genderi.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

    Ana səhifə