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(3)
Ist nach Absatz
2 die Anerkennung der
Gerichtsbarkeit durch einen Staat erforderlich, der nicht
Vertragspartei dieses Statuts ist, so kann dieser Staat durch
Hinterlegung einer Erklärung beim Kanzler die Ausübung der
Gerichtsbarkeit durch den Gerichtshof in bezug auf das fragliche
Verbrechen anerkennen. Der anerkennende Staat arbeitet mit dem
Gerichtshof ohne Verzögerung oder Ausnahme in Übereinstimmung
mit Teil 9 zusammen.
Artikel 13 - Ausübung der Gerichtsbarkeit
Der Gerichtshof kann in Übereinstimmung mit diesem Statut seine
Gerichtsbarkeit über ein in Artikel
5 bezeichnetes Verbrechen
ausüben, wenn
a)
eine Situation, in der es den Anschein hat, dass eines oder
mehrere dieser Verbrechen begangen wurden, von einem
Vertragsstaat nach Artikel 14 dem Ankläger unterbreitet wird,
b)
eine Situation, in der es den Anschein hat, dass eines oder
mehrere dieser Verbrechen begangen wurden, vom
Sicherheitsrat, der nach Kapitel VII der Charta der Vereinten
Nationen tätig wird, dem Ankläger unterbreitet wird, oder
c)
der Ankläger nach Artikel 15 Ermittlungen in Bezug auf eines
dieser Verbrechen eingeleitet hat.
Artikel 14 - Unterbreitung einer Situation durch einen Vertragsstaat
(1)
Ein Vertragsstaat kann eine Situation, in der
es den Anschein hat, dass ein oder mehrere
der Gerichtsbarkeit des
Gerichtshofs unterliegende Verbrechen begangen wurden, dem
Ankläger unterbreiten und diesen ersuchen, die Situation zu
untersuchen, um festzustellen, ob eine oder mehrere bestimmte
Personen angeklagt werden sollen, diese Verbrechen begangen zu
haben.
(2)
Soweit möglich, sind in der Unterbreitung die
maßgeblichen Umstände anzugeben und diejenigen Unterlagen zur
Begründung beizufügen, über die der unterbreitende Staat verfügt.
Artikel 15 - Ankläger
(1)
Der Ankläger kann
auf der Grundlage von
Informationen über der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs
unterliegende Verbrechen aus eigener Initiative Ermittlungen
einleiten.
(2)
Der Ankläger prüft die Stichhaltigkeit der
erhaltenen Informationen. Zu diesem Zweck kann er von Staaten,
Organen der Vereinten Nationen, zwischenstaatlichen oder -/*en
Organisationen oder anderen von ihm als geeignet erachteten
zuverlässigen Stellen zusätzliche Auskünfte einholen und am Sitz des
Gerichtshofs schriftliche oder mündliche Zeugenaussagen
entgegennehmen.
(3)
Gelangt der Ankläger zu dem Schluss, dass
eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme von Ermittlungen
besteht, so legt er der Vorverfahrenskammer einen Antrag auf
Genehmigung von Ermittlungen zusammen mit den gesammelten
Unterlagen zu seiner Begründung vor. Opfer können in
Übereinstimmung mit der Verfahrens- und Beweisordnung Eingaben
an die Vorverfahrenskammer machen.
(4)
Ist die Vorverfahrenskammer nach Prüfung
des Antrags und der Unterlagen zu seiner Begründung der
Auffassung, dass eine hinreichende Grundlage für die Aufnahme von
Ermittlungen besteht und dass die Sache unter die Gerichtsbarkeit
des Gerichtshofs zu fallen scheint, so erteilt sie die Genehmigung zur
Einleitung der Ermittlungen, unbeschadet späterer Entscheidungen
des Gerichtshofs betreffend die Gerichtsbarkeit für eine Sache und
ihre Zulässigkeit.
(5)
Verweigert die
Vorverfahrenskammer die
Genehmigung zur Aufnahme von Ermittlungen, so schließt dies einen
auf neue Tatsachen oder Beweismittel gestützten späteren Antrag
des Anklägers in Bezug auf dieselbe Situation nicht aus.
(6) Gelangt der Ankläger nach der in den Absätzen 1 und 2
genannten Vorprüfung zu dem Schluss, dass die zur Verfügung
gestellten Informationen keine hinreichende Grundlage für
Ermittlungen darstellen, so teilt er dies den Informanten mit. Dies
schließt nicht aus, dass der Ankläger im Licht neuer Tatsachen oder
Beweismittel weitere Informationen prüft, die ihm in Bezug auf
dieselbe Situation zur Verfügung gestellt werden.
Artikel 16 - Aufschub der Ermittlungen oder der Strafverfolgung
Richtet der Sicherheitsrat in einer nach Kapitel VII der Charta der
Vereinten Nationen angenommenen Resolution ein entsprechendes
Ersuchen an den Gerichtshof, so dürfen für einen Zeitraum von
12 Monaten keine Ermittlungen und keine Strafverfolgung aufgrund
dieses Statuts eingeleitet oder fortgeführt werden; das Ersuchen kann
vom Sicherheitsrat unter denselben Bedingungen erneuert werden.
Artikel 17 - Fragen der Zulässigkeit
(1)
Im Hinblick auf Absatz 10 der Präambel und
Artikel 1 entscheidet der Gerichtshof, dass eine Sache nicht zulässig
ist, wenn
a)
in der Sache von einem Staat, der Gerichtsbarkeit
darüber hat, Ermittlungen oder eine Strafverfolgung
durchgeführt werden, es sei denn, der Staat ist nicht
willens oder nicht in der Lage, die Ermittlungen oder die
Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen;
b)
in der Sache von einem Staat, der Gerichtsbarkeit
darüber hat, Ermittlungen
durchgeführt worden sind, und
der Staat entschieden hat, die betreffende Person nicht
strafrechtlich zu verfolgen, es sei denn, die Entscheidung
war das Ergebnis des mangelnden Willens oder des
Unvermögens des Staates, eine Strafverfolgung ernsthaft
durchzuführen;
c)
die betreffende Person wegen des Verhaltens, das
Gegenstand des Tatvorwurfs ist, bereits gerichtlich
belangt worden ist und die Sache nach Artikel 20 Ab-
satz 3 nicht beim Gerichtshof anhängig gemacht werden
kann;
d)
die Sache nicht schwerwiegend genug ist, um weitere
Maßnahmen des Gerichtshofs zu rechtfertigen.
(2)
Zur Feststellung des mangelnden Willens in
einem bestimmten Fall prüft der Gerichtshof unter Berücksichtigung
der völkerrechtlich anerkannten Grundsätze eines ordnungsgemäßen
Verfahrens, ob gegebenenfalls eine oder mehrere der folgenden
Voraussetzungen vorliegen:
a)
Das Verfahren wurde oder wird geführt oder die staatliche
Entscheidung wurde getroffen, um die betreffende Person
vor strafrechtlicher Verantwortlichkeit für die in Artikel 5
bezeichneten, der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs
unterliegenden Verbrechen zu schützen;
b)
in dem Verfahren gab es eine nicht gerechtfertigte
Verzögerung, die unter den gegebenen Umständen mit
der Absicht unvereinbar ist, die betreffende Person vor
Gericht zu stellen;
c)
das Verfahren war oder ist nicht unabhängig oder
unparteiisch und wurde oder
wird in einer Weise geführt,
die unter den gegebenen Umständen mit der Absicht
unvereinbar ist, die betreffende Person vor Gericht zu
stellen.