Von Hinterpommern nach irgendwo …



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vorweg Mohnmilchsuppe und als Geschenk ge-
strickte Wollsocken. Ob wir für unsere Arbeit auch 
ein paar Reichsmark erhielten, erinnere ich nicht 
mehr. – Nach dem Fall der Mauer und kurz nach der 
Grenzöffnung im Jahr 1989 habe ich auf dem Wege 
nach Berlin zusammen mit Tochter Heike bei einem 
Abstecher nach Groß Kreuz die Waschküche als die 
ehemalige gemeinschaftliche Schlafkammer wieder-
entdeckt. Der Bauernhof selbst bot einen verwahrlos-
ten Eindruck. Die Hausbewohner berichteten, dass 
die Eigentümer nach Westdeutschland geflüchtet 
und inzwischen verstorben seien. 
Eines Nachts wurde auf dem Hof Schnaps ge-
brannt. Am Sonntag darauf war ich zum ersten Male 
in meinem Leben richtig betrunken und torkelte am 
Abend beim Füttern der Kühe. Bernhard und Karl-
Heinz lachten. Sie waren offensichtlich erfahrener 
und hatten nicht zum ersten Male nachts in einem 
abgedunkelten Raum Schnaps gebrannt, es vermut-
lich schon in Ostpreußen gelernt. 
Auf der Dorfstraße in Groß Kreuz wurde ich in den 
ersten Januartagen des Jahres 1946 auf dem Wege 
zum Miststreuen ganz unvermittelt von Rotarmisten 
auf einen LKW verfrachtet, auf dem sich bereits 
zahlreiche Männer, Frauen, Jungen und Mädchen 
befanden. Wir sollten an der Havel Kähne ausladen. 
Erinnern kann ich nur noch, dass das Frachtgut auch 
aus grünen Tomaten bestand, die in großen Eichen-
Schnaps 
brennen 
und 
trinken 
Einkas-
siert und 
verfrach-
tet 


136 
fässern eingelegt waren. Als Verpflegung erhielten 
wir Brot und „Kapusta“ (Kohlsuppe).  
Nachts kampierten wir in einem Schuppen in 
großen Strohhaufen. Obwohl keiner wusste, wo wir 
abgeblieben waren und niemand erfuhr, wie lange 
wir hier arbeiten sollten, war die Zeit doch recht 
kurzweilig. Ich lernte Sprache, Mentalität und die 
ausgesprochene Liebenswürdigkeit wolgadeutscher 
Mädchen und Frauen kennen und schätzen. 
Nach der Entlassung aus dieser Arbeitsstelle fuhr 
ich anderntags früh zu meinen Verwandten nach 
Berlin. Da ich dort nicht ohne ein Geschenk ankom-
men wollte, nahm ich in der Nacht davor ein großes 
Kaninchen vom Nachbargrundstück an mich. Im 
Rucksack transportierte ich es lebend. Voll gepinkelt 
und voll geköttelt war er bei der Ankunft in Berlin, 
und mein gummierter blauer Marine-Offiziers-
mantel war an der linken hinteren Seite an mehreren 
Stellen einfach durchgebissen.  
Mein Bruder Otto hatte sich aus der britischen 
Besatzungszone brieflich bei meinen Verwandten 
gemeldet. Er war in Hohenvolkfien bei dem Bauern 
Prüser im Landkreis Lüchow-Dannenberg als entlas-
sener Soldat untergekommen. So hatte ich ein neues 
und klares Reiseziel und machte mich auf den Weg 
zu ihm über Sangershausen, Nordhausen ins Durch-
gangslager Friedland.  
 
Über die 
Zonen-
grenze bei 
Walken-
ried  


137 
Der Weg verlief abenteuerlich. Da keine Karte zur 
Verfügung stand, fuhr ich über Uelzen nach Dan-
nenberg weiter. Auf meine Frage nach dem Wege 
nach Hohenvolkfien wies mir ein Bahnbeamter den 
Weg nach dem nur sechs Kilometer von Dannenberg 
entfernten Ort Volkfien bei Prisser. Kurz vor Volk-
fien glaubte ich mich an einer Wegkreuzung schon 
am Ziel, setzte mich auf ein kleines Munitionskäst-
chen, das mir seit einiger Zeit als Handköfferchen 
diente und verzehrte mein in Friedland als Reisepro-
viant eingepacktes Butterbrot. Groß war dann aber 
die Enttäuschung, als ich im Ort erfuhr, dass es bis 
Hohenvolkfien noch ca. 14 Kilometer seien, die ich 
meistens über Waldwege zurückzulegen hätte. 
Es wurde allmählich dunkel. Am Himmel leuchte-
ten einzelne Sterne, aber es wurde dunstig. Der Sand 
des weiteren Weges war gefroren und mit einer 
dünnen Schneedecke überzogen. An einer Kreuzung 
sollte ich einem steinigen Weg folgen. Da ich ihn 
nicht gleich finden konnte, kroch ich auf allen Vieren 
auf der Kreuzung umher, bis ich die Steine mit den 
Händen erfühlte. Zum Glück kamen mir kurz darauf 
zwei Radfahrer entgegen, die mir den Weg zum 
Haus des Kriegskameraden meines Bruders in 
Gollau genau beschreiben konnten. Dieser begleitete 
mich dann nach Hohenvolkfien, wo ich im Hause 
des Bauern Prüser meinen Bruder Otto am 22. Januar 
1946 endlich wiedersah. 
Von 
Friedland 
nach 
Hohen-
volkfien 


138 
Auf Empfehlung der Familie Prüser brachte mein 
Bruder mich am 23. Januar 1946 zu einem Vorstel-
lungsgespräch zum Kolonialwarenhändler Heinrich 
Isendahl im Nachbarort Kiefen. Schon am nächsten 
Tag musste ich Transportarbeiten für den Ladenbe-
trieb verrichten. Dazu gehörte auch das Schleppen 
von schweren Zucker- und Mehlsäcken. Auch eine 
Kuh war zu füttern und zu melken, was ich schnell 
lernen musste. Außerdem waren allerlei andere 
Arbeiten in Haus und Hof zu erledigen. 
Ich hatte ein recht ordentliches Zimmer direkt 
neben dem Laden. Da mein Bruder und ich nur an 
Sonntagen für einige Stunden zusammen sein konn-
Nachkriegszeit 
Im Wend-
land 
ange-
kommen 


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