Von Hinterpommern nach irgendwo …



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Die Tür zum Wartesaal in Uelzen ist im Jahre 2000 
dem Umbau nach Plänen von Hundertwasser zum 
Opfer gefallen. Das nach Kriegsende wieder aufge-
baute Postamt am Hauptbahnhof Hannover musste 
inzwischen auch neuen Bebauungsplänen weichen. 
Unmittelbar nach der Rückkehr aus Hannover 
folgte meine zweite Reise Salzwedel–Dresden–
Salzwedel, um die wertvolle Zuzugsgenehmigung 
selbst zu überbringen. Als schließlich Mutter und 
Geschwister in Friedland registriert und in das Lager 
Uelzen-Bohldamm eingewiesen worden waren, bin 
ich ihnen am 16. November 1947 dorthin gefolgt. 
Anfang Dezember wurden wir von hier nach Pe-
vestorf an der Elbe im Landkreis Lüchow-
Dannenberg eingewiesen. In diesem Abschnitt war 
die Elbe damals die Grenze zwischen der britischen 
und sowjetischen Besatzungszone. Wir erreichten 
Pevestof in den Abendstunden. Meine Schwester 
erinnert sich, dass die uns zugewiesene Gastfamilie 
Siems uns den Zutritt ins Haus verweigerte und wir 
ratlos auf dem Hof umherstanden, bis ich wieder zu 
dem am Hause Konrad parkenden Bus gelaufen sei 
und uns deren Personal dann den Zutritt zur Küche 
verschaffte. Dann habe die Bauernfamilie das für uns 
neben der Küche vorgesehene Zimmer bis auf ein 
Bett leergeräumt und die Glühbirne aus der Lampe 
gedreht, sodass wir uns bei Dunkelheit darin zu-
rechtfinden mussten. Während die drei Frauen der 
In der 
wieder 
vereinten 
Rest-
familie 


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Bauernfamilie Siems, Mutter und zwei Schwestern, 
die Tragödie der Einquartierung beweinten, bin ich 
wohl mit meinen Brüdern in den Wald direkt hinter 
dem Haus gezogen, um Holz für die Vergrößerung 
unseres Bettes zu suchen. Wir organisierten auch 
einige Backsteine. Die wurden links und rechts an 
der breiten Seite des Bettes aufgebaut und darüber 
Stangen von jungen Kiefern und Haselnusssträu-
chern gelegt. Fertig war das Bett, auf dem wir fünf 
Personen notdürftig quer liegen konnten. Am zwei-
ten Tage erkrankten beide Brüder an Masern. Der 
herbeigerufene Arzt musste seine Diagnose beim 
Scheine eines Hindenburglichtes stellen und über-
wies beide Brüder ins Krankenhaus nach Dannen-
berg. Da sagte Mutter: „Gott hilft doch immer in der 
größten Not, jetzt haben sie wenigstens ein Bett und 
bekommen etwas zu essen“, erinnert sich meine 
Schwester. 
Einige Wochen haben wir so in dem Bauernhaus 
kampiert, bis wir am Tag vor Heiligabend 1947 von 
der Nachbargemeinde Brünkendorf auf dem an der 
Elbe gelegenen Höhbeck im Wohnhaus einer bei 
Kriegsende gesprengten Funkstation einen ebenfalls 
ca. 15 Quadratmeter großen Raum und einen weite-
ren allerdings winzigen mit einem kleinen Kohlen-
herd beziehen konnten. Beide Räume hatten eine 
Dachschräge.  
Mutter hatte Heiligabend Brotsuppe für uns ge-


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Die seit 1945 verwaiste Anlegestelle der Elbfähre Peves-
torf–Lenzen um 1955
 
Auf dem Ostufer der Elbe die mit hohem Gitterzaun befes-
tigte und dahinter tief gestaffelten Grenzsicherungsanla-
gen der DDR um 1985
 


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kocht. Beim Schein einer Kerze aßen wir sie stehend 
in der kleinen Küche, in der uns zunächst nur ein 
stillgelegter kleiner Heizkörper unter dem Fenster 
als Tisch diente. 
Aus einer nahe liegenden Schonung hatte ich eine 
kleine Fichte geholt. Sie stand als unser Weihnachts-
baum am Fußende des Bettes im anderen Zimmer. 
Von Pevestorfer Familien erhielten wir im Laufe der 
nächsten Tage und Wochen Betten, einen Schrank 
und aus der Gaststätte Haverland einen Tisch und 
Stühle. Wenn dort gefeiert wurde, mussten wir sie 
vom Höhbeck zur Gaststätte einen guten Kilometer 
weit herunter und danach wieder hinauf schleppen. 
Das Holz für die Befeuerung des Herdes ließ sich 
im Walde rundum sammeln, sodass wir diesen 
kleinen Fortschritt zu genießen begannen. Dazu trug 
auch immer der Anblick der russischen Zone bei, auf 
die wir vom Höhbeck aus über die Elbe nach Lenzen 
blickten, oft auch bis nach Perleberg und Wittenber-
ge. Die Elbfähre zwischen Pevestorf und Lenzen war 
nicht mehr vorhanden. Nur Hinweisschilder künde-
ten noch ab Gartow von ihrer früheren bedeutungs-
vollen Existenz für diese Region. 
In der ersten Zeit standen an den Wochenenden 
die durch die Zonengrenze getrennten Menschen an 
den Ufern und unterhielten sich über den fließenden 
Strom hinweg. Später konnten sie sich nach den 
laufend verstärkten Grenzsicherungen nur noch 
Heilig-
abend 
1947  
auf dem 
Höhbeck 
Erleben 
der Zonen-
grenze an 
der Elbe 


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stumm aus größerer Entfernung zuwinken. Als dann 
das östliche Elbufer im Grenzbereich des Flusses 
zum Sperrgebiet ausgewiesen und umgestaltet 
wurde, endeten auch diese Kontakte. Zum Schluss 
nahm ein auf dem Elbdeich errichteter hoher Gitter-
zaun auch noch die letzte Sicht in das von der Deut-
schen Demokratischen Republik systematisch ausge-
baute Sperrgebiet. Bald nach der Wiedervereinigung 
wurde die Elbfähre wieder eingerichtet. 
Ich nutzte im Winter 1947/48 den Höhbeck zur 
Verbesserung unserer Versorgungssituation als 
erfolgreicher Fallensteller. Die immer noch anhalten-
de Rationierung aller Lebensmittel wurde dadurch 
etwas erträglicher. Eines Sonntagmorgens konnte ich 
im winterlichen Nebel eineinhalb Hasen nach Hause 
tragen. Das fehlende Stück war bereits von einem 
Hund oder einem anderen Tier gerissen worden. Da 
uns kein Fett zum Braten zur Verfügung stand, 
musste das Hasenfleisch gekocht werden. Obwohl es 
fürchterlich stank, haben wir es verspeist. Eines 
Tages tauchte dann der Jagdpächter auf. Er war 
wütend, weil er im verschneiten Wald Spuren von 
eindeutig erfolgreichen Fallenstellern entdeckt hatte. 
Er wollte – in meiner Abwesenheit – von meiner 
Mutter wissen, ob ich vielleicht der Fallensteller sei. 
Teile meiner Beute lagerten noch in einer Abseite 
unserer Wohnung, vor deren Klappe Gepäckstücke 
standen. Meine Mutter bestritt meine Täterschaft. 
Über-
lebens-
strategien 


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