Seminar für allgemeine pädagogik



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6.4 Blick


Hauptsächlich sieht man seinem Gesprächspartner in die Augen, um Informationen zu sammeln. Doch dieser Blick wird vom Empfänger bereits als Signal entschlüsselt und setzt entsprechendes Verhalten frei. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die durchschnittliche Häufigkeit und Dauer des Blickkontaktes, wenn zwei Personen sich in einem Abstand von 2 m über ein emotional neutrales Thema unterhalten (ebenda, S. 217):

Individueller Blick 60 Prozent [der Gesamtzeit des Kontaktes]

während des Zuhörens 75 Prozent

während des Sprechens 40 Prozent

Dauer des Blicks 3 Sekunden

Augenkontakt (wechselseitiger Blick) 30 Prozent

Dauer des Augenkontakts 1,5 Sekunden

Häufigkeit und Dauer des Blickkontaktes während einer Unterhaltung (nach Argyle)

In der Alltagssituation variiert die Zahl der Blickkontakte je nach Situation und ist abhängig z. B. von der Anzahl der Gesprächsteilnehmer oder der Beschäftigung, die während des Gesprächs ausgeführt wird. Untersuchungen haben gezeigt, daß der Blick eher auf relevante Gegenstände oder den allgemeinen Hintergrund ge­rich­tet ist als direkt in die Augen. Jedoch ist festzuhalten, daß man beim Zuhören den anderen fast doppelt so lange ansieht wie beim Sprechen. In Gruppen von drei Personen „verteilt jeder seine Blicke auf die beiden anderen, und jeder hat mit jedem anderen nur etwa 5 Prozent von seiner Zeit Augenkontakt“ (ebenda, S. 217). Die These einer allwaltenden Kommunikation, die man im Sinne seines 1. Axioms annehmen sollte, ist durch diesen Befund kaum zu stützen.

Der Blickkontakt nimmt bei größerer Entfernung zu. Nonverbalen Signalen wird mehr Aufmerksamkeit geschenkt, wenn sich verbale und nonverbale Signale widersprechen. Außer der Dauer des Blicks nennt Argyle noch weitere miteinander verbundene Variablen, die etwas über die Qualität des Blickes aussagen: Pupillenerweiterung, Blinzelhäufigkeit, Richtung eines ausweichenden Blicks, Öffnung der Augen, weit oder mit gesenkten Lidern, Gesichtsausdruck im Bereich der Augen, beschrieben als bohrender Blick, verliebter Blick und dergleichen (ebenda, S. 218).

Interpersonale Einstellungen: Das Blickverhalten spielt bei der Herstellung von Beziehungen zwischen den Menschen eine wichtige Rolle. Versuche haben gezeigt, daß diejenigen Personen, die am meisten angesehen wurden den Schluß zogen, man hätte sie besonders gern. Ferner meinten diese Personen auch, daß sie ihrerseits den anderen bevorzugten. Hiernach war der Blick ein wirksameres Signal als die körperliche Ausrichtung. Auch die Pupillengröße dient als Signal bei der Herstellung von Beziehungen. Argyle schreibt dazu, „... daß sich bei Männern die Pupillen erweiterten, wenn ihnen Photographien von attraktiven Frauen gezeigt wurden, daß sich bei Frauen die Pupillen erweiterten, wenn sie Photos von Männern und von Säuglingen ansahen, bei Homosexuellen mit Photos von nackten Männern, aber nicht von nackten Frauen“ (ebenda, S. 221).

Eine als dominant eingestufte Person weicht seltener Blicken aus, reduziert danach aber, wenn die Dominanzfrage geklärt ist, die Blickhäufigkeit. Wer lange Blicke aussendet, wird dominanter eingestuft als derjenige, der keine Blicke aus­sendet. Bei der Frage der Attraktivität verhält es sich genauso. Wer viele Blicke aussendet, wird als attraktiver eingestuft. Das läßt sich jedoch nicht beliebig steigern. Bei übertriebenem Blick­kontakt kehrt sich die Sympathieempfindung ins Gegenteil um (zu viel Blickkontakt schafft zu viel Intimität, was dann wieder als unangenehm empfunden wird). Eine ganz andere Funktion wiederum übernimmt der Blick beim Drohen. Ein starrer aus­gie­biger Blick fungiert als Drohsignal, was zur Folge hat, daß derjenige, der keine Konfrontation wünscht, seinen eigenen Blick abwenden und sich zurückziehen möchte.

Unterschiede im Blickverhalten gibt es bei Männern und Frauen. Frauen schauen mehr, haben gegenseitig einen ausgiebigeren Blickkontakt und beim Fehlen visueller Anhaltspunkte sind sie stärker verunsichert. Auch deshalb bemühen sich viele Frauen, ihre Augen durch Schminken stärker hervorzuheben (wobei der kulturelle Aspekt hier nicht außer Acht gelassen werden darf).

Signale für Interesse, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Feindseligkeit oder Aggression gibt es in allen Kulturen.



Der Blick beim Sprechen: Zu Beginn einer Interaktion spielt der Blickkontakt in zwei Phasen Abschnitten eine Rolle:

  1. Zwei Personen gehen aufeinander zu und machen dadurch die Absicht deutlich, eine Kommunikation zu beginnen. Begleitet bzw. verstärkt wird dies durch ein Lächeln oder Nicken.

  2. Während die beiden „Gesprächspartner“ aufeinander zugehen, wenden sie den Blick wieder ab, um ihn dann zur Begrüßung erneut wieder aufzunehmen.

Am Ende einer Begegnung findet zusätzlich ein Blickkontakt von ca. 6 Sek. statt (bei Freunden etwas mehr, bei Fremden weniger). Untersuchungen haben gezeigt, daß die Augen dabei in einem wiederholten Kreislauf bestimmte Punkte, die von Interesse sind, fixieren. Das Blick­muster unterliegt genauen Regeln. Es ist z. B. unannehmbar, ständig hin- und wieder wegzu­sehen, auf die Genitalien zu starren oder den Gegenüber gar nicht anzusehen.

Wie bereits erwähnt, schaut der Gesprächspartner beim Zuhören doppelt so lange auf den Gegenüber wie beim Reden. Als Grund dafür wird angeführt, daß der Sprechende nicht ständig abgelenkt werden will und daher nur an bestimmten wichtigen Punkten seiner Äußerungen nach Feedbacksignalen sucht. Doch hat der Blick noch weitere Funktionen während einer Unter­hal­tung:



  • Er dient als Verstärkung, der Redner will zum selben Thema noch weiterreden.

  • Er betont bestimmte Passagen, das Gesagte wirkt überzeugender.

  • Gesprächspartner reden offener, auch über sich selbst.

Emotionaler Zustand: Gefühle beeinflussen das Augenverhalten, Angst oder Verlegenheit z. B. hat eine Vermeidung des Blickkontakts zur Folge, bei Furcht sind die Augen starr geöffnet, bei Ärger zusammen­gekniffen. Eine Pupillenerweiterung kann auf Veränderungen in der emotionalen Erregung hinweisen, die Blinzelhäufigkeit verändert sich ebenfalls mit dem Grad der Erregung; sie nimmt zu bei Angst oder Anspannung und verringert sich bei konzentriertem Denken.

Kommentar: In seinem Buch stellt Michael Argyle sehr breit angelegt und detailliert die Phänomene und ihre Bedeutung nonverbaler Kommunikation vor. Er beschreibt, wie in den verschiedensten Be­reichen des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens nonverbale Mitteilungen eine Rolle spielen.

Der Gesichtsausdruck bei der nonverbalen Kommunikation unterliegt sowohl schnellen als auch langsamen Ausdrucksmustern. Er ist teilweise angeboren, aber auch durch die Gesellschaft anerzogen. Es können dabei Gefühle wie Freude, Überraschung, Angst, Traurigkeit, Wut, Ekel/Abscheu und Interesse dargestellt werden, wobei sich diese Ausdrucksmuster jeweils über das gesamte Gesicht erstrecken. Zusätzlich unterstützen Signale bei der Konversation den Inhalt der Botschaft. Diese Signale sind durch die Gesellschaft vorgegeben und werden daher in der Regel von allen Mitgliedern verstanden. Der Gesichtsausdruck ist sehr wichtig für das Ein­schätzen des Kommunikationspartners und daher stark von Vorurteilen geprägt.

Der Blick wird durch die Länge des Blicks, die Pupillenerweiterung, die Blinzelhäufigkeit, die Richtung des Blicks, die Öffnung der Augen und den Gesichtsausdruck im Bereich der Augen beschrieben. Ebenso wie beim Gesichtsausdruck lassen sich mit dem Blick emotionale Zustände und Inhalte (Änderung des Blicks während einer verbalen Kommunikation) unterscheiden. Der emotionale Zustand wird z. B. durch Veränderung der Pupillengröße nach außen getragen. Während einer verbalen Kommunikation fällt auf, daß direkter Blickkontakt eher vermieden wird, der Sprecher sich durch Blickkontakt aber Rückmeldungen vom Zuhörer holt und der Zuhörende den Sprechenden doppelt so lange ansieht wie umgekehrt. Es zeigt sich auch hier, daß der Beobachter beim Entschlüsseln des Blicks auf Erfahrungen zurückgreift, die ihrerseits zu Vorurteilen führen können.

Zu berücksichtigen ist, daß Argyles Standardwerk vor 25 Jahren geschrieben wurde und die im Laufe der Jahre notwendigen Neuauflagen – zumindest die deutschen Übersetzungen – keine Überarbeitungen erfuhren, was den Wert der mitgeteilten Informationen nicht schmälert.



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