Seminar für allgemeine pädagogik


Aspekte nonverbaler Kommunikation



Yüklə 1,19 Mb.
səhifə32/40
tarix20.09.2018
ölçüsü1,19 Mb.
#69391
1   ...   28   29   30   31   32   33   34   35   ...   40

6. Aspekte nonverbaler Kommunikation


Literatur

Argyle, M.: Körpersprache und Kommunikation, 6. Auflage, Paderborn, 1992

Delhees, K.: Soziale Kommunikation. Psychologische Grundlagen für das Miteinander in der modernen Gesellschaft. Opladen 1994. [Kapitel „Nonverbale Kommunikation“, S. 128-175]

6.1 Einleitung


Michael Argyle (*1925) gehört zu den angesehensten Psychologen Großbritanniens. Er lehrte bis zu seiner Emeritierung an der Universität Oxford, seine Forschungsschwerpunkte sind Sozialpsychologie, soziale Interaktion und nonverbale Kommunikation. Neben dem hier zugrunde gelegten Werk Argyles über die menschliche Körpersprache trägt ein weiteres Standardwerk von ihm den Titel „Soziale Interaktion“ (deutsch 1969). Im folgenden wurden auch schriftliche Ausarbeitungen der Studierenden Tanja Hartung und Birgit Schwiebert berücksichtigt.

Körpersprache ist - im Sinne Watzlawicks - analoge Kommunikation und spielt im menschlichen Sozialverhalten eine wichtige Rolle. Wenn wir menschliches Sozialverhalten verstehen wollen, müssen wir dieses nonverbale System aufschlüsseln. Die nonverbalen Signale senden wir teils bewußt teils unbewußt. Sie geben so Auskünfte über uns an die Umwelt. Diese Signale sind sehr vielfältig, sie können von einzelnen Körperteilen (Kopfbewegung, Gesichtsausdruck, Handbewegung) oder vom gesamten Körper (Körperhaltung, Körperbewegung) ausgehen, die verbale Kommunikation begleiten (Tonfall) oder das Erscheinungsbild (Kleidung, Schmuck) betreffen. Wir übermitteln unseren emotio­nalen Zustand, unsere Einstellung zu zwischenmenschlichen Beziehungen oder unterstützen gerade Geäußertes. Jeder Bereich kann weiter unterteilt werden, wie z.B. die verschiedenen Erscheinungsformen des Blicks: der Blick während des Zuhörens, während des Redens, die Länge von flüchtigen Blicken, die Öffnung der Augen, die Pupillengröße usw.

Diese Techniken werden heute in der Werbung und der Politik angewendet, begegnen uns aber auch im privaten wie im öffentlichen Leben. Ziel jedes Menschen sollte es sein, diese Mecha­nis­men zu erkennen und zu verstehen, um Manipulationen von Seiten Dritter zu erkennen und entsprechend gegenzuwirken. Interessant ist auch, daß manche Bereiche der Körpersprache über alle Kulturen hinaus recht ähnlich sind und selbst in der Tierwelt zu finden sind (bestimmte Gesichtsausdrücke oder Körperhaltungen), andere hingegen stark gesellschaftlich bezogen sind (insbesondere symbolische Gesten).

Die nonverbale Sprache ist abbildhaft und unmittelbar; sie einerseits sehr viel ungenauer und schwieriger zu interpretieren als verbale Kommunikation, deren lexikalische Bedeutung gut zu entschlüsseln ist. Die verbale Sprache ist relativ gut steuerbar und kontrollierbar für den Sender. Demgegenüber ist die nonverbale Sprache nur zu einem gewissen Teil durch den Willen steuerbar und weite Teile sind unbewußter Ausdruck der eigenen Gefühle, die der Empfänger wahrnehmen kann, dem Sender aber weitgehend verborgen bleiben.


6.2 Grundlagen und Definitionen


Argyle (1992, S. 14 ff.) schlägt folgende Definitionen vor.

  • „Zeichen allgemein“ gegenüber „Mitteilung im engeren Sinne“;

  • „bewußte Mitteilung“ gegenüber „unbewußte Mitteilung bzw. Zeichen“;

  • „verbale“ gegenüber „nonverbale Mitteilung bzw. Zeichen“;

  • senden („encoding“) gegenüber empfangen („decoding“).

Was kann man darunter verstehen? Zunächst wird ein Zeichen/Signal als ein bestimmter Teil des Verhaltens einer Person definiert, das von einer anderen Person wahrgenommen wird und dessen Verhalten beeinflußt. Dabei ist zu unterscheiden:

Zeichen allgemein: Beobachtbare Zeichen einer Person, mit denen aber nicht konkret beab­sichtigt wird, etwas mitzuteilen (z. B. zittern oder schwitzen).

Es wird deutlich, daß Argyle hier Ausdrucksverhalten im Sinne von Karl Bühler meint.



Zeichen als Mitteilung: Zielgerichtete Signale mit der Absicht, dem Empfänger eine bestimmte Botschaft zu senden. Voraussetzung: Der Empfänger muß den verwendeten Code verstehen (z. B. Handheben bei einer Versteigerung). Dasselbe Signal kann als Mitteilung oder auch als Zeichen verwendet werden (wenn z. B. eine bestimmte Personengruppe einen Akzent verwendet, ist dies ein Zeichen. Wenn eine außenstehende Person seine vermeintliche Zuge­hörigkeit zu der Gruppe signalisieren will, benutzt sie diesen Akzent als Mitteilung). Ebenso kann ein bestimmtes Signal teils Mitteilung und teils Zeichen sein (z. B. ein Gesichtsausdruck, der teils angeboren ist und teils kontrolliert gesendet wird).

Bewußte Mitteilung: Zielgerichtetes Signal mit der Absicht, den Empfänger zum Handeln zu bewegen (z. B. mit dem Finger auf etwas zeigen).

Unbewußte Mitteilung: Signale, die unbewußt gesendet werden, aber eine große Wirkung erzielen können (z. B. signalisiert ein Redner dominantes Auftreten durch lautes Sprechen, durch aufrechte Haltung, durch Aufschauen und Hand ablegen, wenn er das Ende des Satzes erreicht hat).

Unbewußtes Zeichen: Ein Mädchen fühlt sich zu einem Mann hingezogen. Dabei vergrößern sich unbewußt ihre Pupillen, was als Zeichen dient, durch das er sich angezogen fühlt.

Verbales Zeichen: Signal, das ein direkter Teil einer verbalen Mitteilung ist (z. B. Stimmhöhe oder Betonung).

Nonverbales Zeichen: Signale, die jeden Sprechakt begleiten, eine Rede veranschaulichen oder eine Rückmeldung geben. Diese Signale sind von den sprachlichen Inhalten unabhängig, es sind emotionale Nuancen des Sprechens (z. B. heitere oder traurige Aussprache).

Die Unterscheidung verbal/nonverbal entspricht nicht der Unterscheidung stimmhaft/nicht­stimmhaft!



Senden und empfangen: Auch in diesem Bereich läßt sich die Unterscheidung bewußt/unbewußt treffen. Der Sender kann seine Signale bewußt oder aber unbewußt senden. Ebenso kann der Empfänger diese Signale bewußt oder aber unbewußt wahrnehmen und darauf reagieren.

Die meisten Mitteilungen bzw. Zeichen können von Angehörigen einer Kultur relativ zutreffend interpretiert werden (z. B. Mitteilung für einen Autostop, Zeichen für Sympathiebekundung). Es gibt aber auch Signale, die nur von Leuten mit besonderer Schulung verstanden werden (z. B. Taubstummensprache) oder kulturspezifisch sind.

Nicht immer gelingt eine zutreffende Interpretation und so kommt es zu Mißverständnissen zwischen Sendern und Empfängern. Hierfür nennt Argyle zwei Gründe:


  1. Empfänger (E) versteht das Signal des Senders (S) falsch: S sendet irreführende oder unangemessene Signale oder E mißlingt die richtige Interpretation. Grund: Sie gehören einer unterschiedlichen Kultur oder Gruppierung an (z. B. verschiedenen Altersstufen). In diesem Fall verwenden S und E keinen gemeinsamen Code.

  2. Zeichen werden für Mitteilungen gehalten oder umgekehrt: S sendet Zeichen, daß er E gern hat (was aber nicht stimmt) und E interpretiert es als echte Mitteilung. Oder S sendet Signal aus, daß er E gern hat (was auch stimmt) und E denkt sich, das sei eine gelenkte Mitteilung, obwohl sie ganz spontan ist.

(Argyle nennt hier einen Sachverhalt, der im Kommunikationsmodell von Schulz v. Thun als Ambivalenz von Selbstoffenbarung und Appell beschrieben wird).

Nachdem diese Definitionen festgelegt sind, geht Argyle der Frage nach, warum nonverbale Kommunikation überhaupt verwendet wird, obwohl sich beim Menschen doch die Fähigkeit des Sprechens gebildet hat, die viel reichhaltiger und flexibler ist. Er schreibt dazu:

Vielleicht hat die nonverbale Kommunikation eine stärkere Wirkung, da sie ursprünglicher und unmittelbarer ist. Vielleicht ist es nützlich, einen zweiten Kanal anwenden zu können, so daß man beide Kanäle, verbalen und nonverbalen, gleichzeitig benutzen kann, ohne daß sie sich gegenseitig durcheinander bringen. Vielleicht gibt es einige Dinge, die auszudrücken die Sprache nicht so gut geeignet ist. Oder vielleicht gibt es Dinge, für die es besser ist, sie nicht zu deutlich zu machen oder sie nicht so genau zu beachten. (Argyle 1992, S. 19 f.)

Nonverbale Signale sind schlechter steuerbar als verbale; die verbale Botschaft kann eine Lüge sein; mit der Körpersprache verraten wir uns, geben wir uns preis. Während der Sprechausdruck vom Sender gesteuert werden kann, entzieht sich seine Körpersprache weitgehend einer willentlichen Kontrolle.

Argyle unterscheidet in den zwischenmenschlichen Beziehungen zwei voneinander unabhängige Hauptdimensionen: „dominant - unterwürfig“ und „feindselig - freundlich“.

dominant



feindselig freundlich

unterwürfig

Bei einer Interaktion können freundliche, feindliche, überlegene und unterlegene Einstellungen aus dem Gesichtsausdruck, dem Tonfall und sowie weiteren Körpersignalen erfaßt werden. Der Tonfall ist gegenüber dem Inhalt einer Botschaft eine unabhängige Variable, die relativ viel über die Beziehung des Senders zum Empfänger sagt, ohne daß dies dem Sender bewußt ist. Deshalb können zwischen dem Ton und dem Inhalt einer Botschaft bedeutsame Diskrepanzen auftreten.

Widersprüchliche Signale besitzen eine spezielle Qualität, die besonderen Bewertungen unterliegt.


  • die in feindseligem Ton gesprochene freundliche Botschaft wird als unaufrichtig interpretiert;

  • die in freundlichem Ton gesprochene feindliche Botschaft wird als verwirrend angesehen;

  • die in schroffen Ton übermittelte angenehme Botschaft wird als Sarkasmus empfunden.

Nach Argyle sind Schizophrene in besonderem Maße unfähig zur Decodierung nonverbaler Signale, sie reagieren eher auf verbale Signale; Neurotiker reagieren überempfindlich auf ablehnende Signale.

Personen mit übertrieben freundlichen Einstellungen können dahinter Abneigung verbergen, verraten sich aber in der Regel durch den - dazu diskrepanten - Tonfall.



Geschlechtstypische Differenzen (Argyle; Delhees): Frauen können nonverbale Botschaften besser decodieren als Männer. Sie sind den Männern aber auch in der Codierung von Botschaften überlegen. Frauen drücken ihre Gefühle sehr viel stärker in nonverbalen Botschaften aus als Männer.

Yüklə 1,19 Mb.

Dostları ilə paylaş:
1   ...   28   29   30   31   32   33   34   35   ...   40




Verilənlər bazası müəlliflik hüququ ilə müdafiə olunur ©www.genderi.org 2024
rəhbərliyinə müraciət

    Ana səhifə