Von Hinterpommern nach irgendwo …



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Marwitz mit seinem Reitpferd auf und untersagte 
uns – wortlos, wie ich mich zu erinnern meine – das 
Angeln. Theatralisch hielt er unmittelbar am Rand 
des Steilufers und blickte von oben auf uns herab, als 
habe er diesen Auftritt eingeübt. Wir gehorchten.  
Zusammen mit den anderen habe ich damals nicht 
verstanden, wie und weshalb der Gutsbesitzer dazu 
kam, so in unser sommerliches Leben einzudringen, 
denn die Schottow wurde ja nie abgefischt. Ich 
meine, mich recht entsinnen zu können, dass ich ihn 
auch niemals mit Herr Rittmeister, sondern mit Herr 
von der Marwitz angesprochen habe. Ob das durch 
diesen Vorfall oder andere Motive begründet war, 
erinnere ich allerdings nicht mehr. 
Im angrenzenden Wald konnten wir nach Lust und 
Laune Blaubeeren, Himbeeren und Erdbeeren na-
schen und befreiten uns danach oft gegenseitig von 
Zecken. Wir nannten sie Klitschkeböcke. Oft und 
unermüdlich lange haben wir auf der Gänseweide 
nach vierblättrigen Kleeblättern gesucht, die angeb-
lich Glück bringen sollten.  
Schönste Erinnerungen verbinden sich auch mit 
der Schwarzen Hochzeit, dem Torfmachen im Som-
mer. Sie fand jährlich statt und dauerte mehrere 
Tage. In dem sumpfigen Weißen Moor suchte Vater 
zunächst eine geeignete torfhaltige Stelle, mal auf 
der Ost-, mal auf der Westseite des Moores. Es sollte 
möglichst eine Stelle mit der Substanz sein, die im 
Schwarze 
Hochzeit 


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getrockneten Zustand noch härter als Steinkohle zu 
werden versprach. Der intensiv riechende Matsch 
wurde aus einer Kuhle in eine Schubkarre geladen 
und damit über einen aus Bohlen über das sumpfige 
Gelände gelegten Steg ans sandige Ufer gebracht. 
Hier wurde er von Hand in einer Form abgestrichen 
und auf dem sandigem Boden oder einer krümeligen 
älteren Torfschicht zwischen Heide und Kiefernge-
strüpp zum Trocknen belassen.  
Mittags brachte Mutter uns das in Leinentücher 
und Zeitungspapier verpackte heiße Essen, zu dem 
wir uns zusammen mit unseren Torfnachbarn im 
Heidekraut niederließen. Mit den an einer Trage 
hängenden Körben trat sie danach wieder den etwa 
zweieinhalb Kilometer weiten Rückweg an, wusch 
das Geschirr ab und machte sich mit frisch gebrüh-
tem Kaffee und Kuchen wieder auf den Weg zu uns. 
Da für die Mahlzeiten dieser Tage wie zu Hochzei-
ten gekocht und gegessen wurde, war das Torfma-
chen eben eine Schwarze Hochzeit. Sobald die auf 
einer größeren Uferfläche in Reih und Glied geform-
ten Torfstücke abgetrocknet waren, wurden sie 
weiter und zum Schluss mit Zwischenräumen für 
jedes Stück bienenkorbartig aufgeschichtet.  
Zu einer dieser Hochzeiten bat Vater eines Tages 
Pastor Behling aus Groß Nossin, unsere in seinem 
Haushalt beschäftigte Schwester zu beurlauben. Da 
der baltendeutsche Behling hier noch nicht lange 


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lebte, konnte er sich nicht vorstellen, dass es sich bei 
dieser Hochzeit lediglich um die Torfmacherei 
handelte. Völlig irritiert fragte er Vater deshalb, ob 
er dabei auch erforderlich sei.  
Meine Schwester und ich haben – so ist es mir 
jedenfalls in Erinnerung – beim Torfstreichen wäh-
rend einer Schwarzen Hochzeit auch Schlager gesun-
gen, wie z. B. „Am Abend auf der Heide …“, „Vor 
der Kaserne, vor dem großen Tor, stand eine Laterne 
und steht sie noch davor …“ und „Du hast Glück bei 
den Frauen, Bel ami, soviel Glück bei den Frauen 
wie noch nie …“ Es waren wohl die Schlagermelo-
dien, die wir vom Soldatensender Belgrad hörten. 
Vielleicht habe ich aber auch solo vor mich hin 
gesungen, meine Schwester kann sich jedenfalls 
daran nicht erinnern. Das Torfstreichen hingegen 
erinnert sie heute als schwere Arbeit, nach der sie 
vor Gliederschmerzen und Anstrengung kaum 
schlafen konnte, während es sich in meinen Erinne-
rungen mit dem sommerlichen Leben in der Natur 
inmitten der Familie und Nachbarn, mit Sonnen-
schein, Picknick und fröhlichen Liedern verbindet. 
Den Schlager „Komm zurück, ich warte auf Dich, 
denn du bist für mich …“ muss ich noch erwähnen. 
Ich sang zumindest eine Strophe französisch, das ich 
mir damals aus einem Polyglott-Lehrbuch und dem 
Kontakt mit den französischen Kriegsgefangenen 
angeeignet hatte. Von einer meiner französischen 


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Nichten erhielt ich vor Jahren eine CD mit diesem 
Schlager.   
Großen Kummer bereiteten mir meine Eltern aber 
eines Tages, als sie mir die 50 Pfennige zum Besuch 
einer Filmaufführung in Wundichow mit der Bemer-
kung verweigerten, Kinder müssten nicht alles 
haben. Als meine Schulkameraden im Nachbardorf 
den Film ansehen konnten, lag ich deshalb zer-
knirscht auf dem Chaiselongue im Zimmer meiner 
Eltern – und sann auf Rache. Da mir nichts Besseres 
einfiel, bestand sie darin, dass ich aus dem Kalender,  
der im Zimmer nebenan hing, zahlreiche Blätter mit 
den auf der Rückseite stehenden vermeintlich besten 
Sinnsprüchen herausriss, damit davon nicht vorgele-
sen werden konnte.  
Danach fühlte ich mich erleichtert. Dass es sich um 
den Ufa-Film Bali handelte, habe ich nicht vergessen 
können und es umso mehr bedauert, ihn damals 
nicht gesehen zu haben, als ich mich 1953 im Völker-
kundlichen Museum Leiden erstmals umfassend 
und auch gegenständlich mit der Kultur und Natur 
Indonesiens und der Südsee vertraut machen konn-
te.  
Im Winter 1939/40 konnte ich mit meinem Bruder 
Otto als Treiber an einer Jagd teilnehmen. Dafür 
erhielt ich schulfrei. Otto baute mir eine Holzklapper 
und hielt mich stets in Sichtnähe an seiner Seite. 
Flüchtende Wildschweine zu sehen, die Schüsse der 
Kino in 
Wundi-
chow 
Ein Jagd-
erlebnis 


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