Geboren wurde, wissen wir nicht von ihm selbst



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Ein anderer wichtiger vorplatonischer Philosoph namens Parmenides (ungefähr 515-455), 

ein Zeitgenosse also des Heraklit, allerdings an einem ganz anderen Lebensort, hat über 

das ἐόν oder das ὄν, das Seiende nachgedacht. Vielleicht hatte auch Heraklit über 

dasselbe nachgedacht, denn der Spruch ἓν πάντα εἶναι, dass Eines Alles ist, nennt ja 

immerhin das Ist/Sein im εἶναι. Dieser Parmenides hat nun in einem Fragment erklärt, 

dass zu den Bestimmungen des Ist, des Seins, auch die Homogenität (Ganzheit), 

Kontinuität und Einheit gehört. Alles, was ist, ist eben in Bezug auf das Sein, das ist, eine 

Einheit, Eines. Dieser Gedanke reicht bis ins Mittelalter, in dem Albertus Magnus und dann 

Thomas von Aquin das Eine unter die sogenannten Transzendentalien rechnen: nicht nur 

ist das Sein eben eines, sondern jedes Seiende, jeder Gegenstand selber ist ja immer 

einer: unum.  

Ich hatte bereits über Platon gesagt, dass dieser das Eine vielleicht mit der Idee des 

Guten jenseits des Seins identifiziert. Im Dialog Parmenides spielt er im Kontext der Frage 

nach den Ideen die Aussagen durch, dass das Eine existiert bzw. nicht existiert. Man kann 

jedenfalls sagen, dass Platon das Denken des historischen Parmenides recht genau zur 

Kenntnis genommen hat. Zudem ist er beeinflusst von Pythagoras oder einigen 

Pythagoräern. Pythagoras, ein beinahe legendärer Philosoph (570-510), der Mathematiker 

war und der Eins in der Tetraktys (Vierheit - 1+2+3+4 = 10) eine besondere Rolle 

zuspricht, erinnert uns daran, dass freilich das Eine als die Eins auch eine mathematische 

Bedeutung hat. Ob aber das Eine im philosophischen Sinne eine Zahl ist, ist eine andere 

Frage.

Aristoteles widmet dem Einen ein eigenes Kapitel im fünften Buch der Metaphysik, dem 



ersten philosophischen Wörterbuch. In diesem Kapitel geht er - ganz wie Aristoteles auch 

sonst vorgeht - die verschiedenen Bedeutungen des Eins-seins durch, darunter auch ganz 

profane. Doch dann sagt er etwas über das Eine im vollsten Sinne. Es sei dasjenige, was 

in der geistigen Erfassung, die das Sein betrifft, eine einzige sei und weder der Zeit noch 

dem Raum noch dem Begriff nach eine Teilung zulasse. Was soll das bedeuten? Wenn wir 

uns etwas denken, dann denken wir uns das in jedem möglich Sinne als Eines, als Einheit. 

Mensch ist immer ein Mensch, ganz unteilbar. Vor allem wenn wir das Wesen des 

Menschen, das Menschmäßige, das Menschsein denken, ist es ganz und gar Eins. Daher 

sagt dann Aristoteles auch: „Im ursprünglichen und strengen Sinne aber ist dasjenige 

Eines, dessen Wesenheit (οὐσία) eine ist.“ Damit jeder einzelne Mensch Mensch sein 

kann, muss es eine einzige gedankliche Bestimmung geben, die uns sagen lässt: wir alle 

hier sind Menschen. 

Ich könnte jetzt im Durchgang durch das Mittelalter die Karriere des Einen noch in die 

Neuzeit weiterverfolgen, z.B. wenn Leibniz von der Monade und der Monadologie spricht 

oder wenn Spinoza von der Einen Substanz spricht oder wenn die Denker des deutschen 

Idealismus, vor allem Hölderlin und Schelling, sich am hen kai pan, an dem Einen und 

Allem, berauschen, Schelling denkt das Eine dann vor allem in der Zeit seiner 

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sogenannten Identitätsphilosophie etc. Das würde aber zuweit führen und hilft uns auch 

nicht sehr mit Plotin. Zu dem müssen wir nun übergehen.

Plotin hatte also nun bereits diesen ganzen Horizont des Einen, des Einen-Denkens, des 

Eins-Denkens vor sich. Das spürt man in der Enneade, die vom Guten oder dem Einen 

gewidmet ist, der Enneade VI 9, d.h. dem neunten Text in der sechsten Enneade - eine 

schöne Zahlensituation, hätte Porphyrios vielleicht gesagt. Dieser Text ist sehr bekannt 

und wird für gewöhnlich als Einleitungstext in Plotin gern benutzt. Auch der vor kurzem 

verstorbene Professor Tengelyi hat diesen Text als Grundtext gern verwendet.

Er beginnt mit folgendem Satz: „Alles Seiende ist durch das Eine ein Seiendes, sowohl 

das, was ein ursprünglich und eigentlich Seiendes ist wie das, was nur in einem beliebigen 

Sinne als vorhanden seiend bezeichnet wird. Denn was könnte es sein, wenn es nicht 

eines ist? Da ja, wenn man ihm die Einzahl, die von ihm ausgesagt wird, nimmt, es nicht 

mehr das ist, was man es nennt.“ Plotin springt demnach sogleich ins Thema ohne jede 

Einführung. In diesem Ton sind alle Texte verfasst, griechisch im Original, jedoch 

geschrieben in einem recht schlichten Griechisch. Wir werden sehen, wie der Text 

weitergeht.

Zunächst aber schauen wir uns an, was die Sätze sagen. Alles, was ist, ist durch das Eine. 

Dabei können wir ein ursprüngliches und beliebiges Seiendes unterscheiden. Plotin meint 

dabei so etwas wie die Ideen, die verstandesmäßigen Gegenstände, und die vorliegenden 

Dinge. Er beweist das sogleich an Beispielen. Er nennt das Heer, den Reigen, die Herde, 

das Haus, das Schiff, dann auch den Körper der Pflanzen und Tiere und zuletzt die 

Gesundheit, die Ordnung des Körpers, die Schönheit, die Tugend der Seele - all das ist 

immer Eins. Anders gesagt: es ist Eines im Denken und - wenn wir so wollen - außerhalb 

des Denkens. Wir können das alles überhaupt nur denken, wenn all das jeweils Eines ist. 

Was nicht Eines ist, kann nicht gedacht werden bzw. ist für das Denken nicht. Gewiss, es 

gibt Vielheit. Doch die Vielheit kann nur gedacht werden, indem wir sie ver-einen, 

synthetisch zusammenfassen. Denken heißt: Eines denken.

Dabei müssen wir noch etwas genauer sein. Ein Heer ist, insofern es immer ein Heer ist. 

Das bestimmt das Sein des Heeres, das Sein ist einheitlich, kontinuierlich, ganzheitlich, 

wie Parmenides gesagt hat. Doch auch das Was dieses Seienden, seine Wesenheit nach 

Aristoteles, hängt von der Einsheit ab. Jede begriffliche Definition basiert darauf, dass wir 

es mit einer Einheit zu tun haben. Also auch dass wir wissen, was Schönheit ist, hängt mit 

der Einsheit zusammen. Die Idee der Schönheit, so können wir sagen, ist eine 

einheitliche.

Aber ist hier nicht einzuwenden: jeder findet doch etwas anderes „schön“, ja, und vielleicht 

kann sogar jeder eine andere „Definition“ von „schön“ angeben. Der eine findet einen 

Adler, der andere einen Kolibri schön, der eine meint, Schönheit sei Harmonie, der andere, 

Schönheit sei ein spezifisches Leuchten. Das ist doch offenbar eine Vielheit, eine Vielheit 

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