Geboren wurde, wissen wir nicht von ihm selbst



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und der Rückkehr, das ist die eigentümlich Zeitlichkeit der Seele: „Denn wir behaupten, 

daß die Zeit ihre Existenz nur aufgrund der Tätigkeit der Seele und aus dieser hat.“ Die 

höchste Weise dieser Tätigkeit ist aber natürlich das Denken.

Die Seele stürzt in die Zeit, hatte ich gesagt. Das ist freilich die Frage. Betrachten wir die 

Zeitlichkeit dieser Tätigkeit etwas genauer,  was macht die Seele in ihrem Verhältnis zur 

Zeit? Es gibt hier ein Auseinander oder - wenn wir an Platon erinnern - ein zahlhaftes 

Auseinander, ein Nacheinander, eine Kontinuität, eine Folge von Jetzten, wie man nach 

Aristoteles vielleicht sagen könnte. Nun ist der Seele, ist uns, immer etwas gegenwärtig. 

Unser Verhältnis zur Zeit wird vielleicht von der Gegenwärtigkeit dominiert. Wie dem auch 

sei: wir haben aber nicht nur ein Verhältnis zu den Dingen, die gegenwärtig sind, sondern 

auch zu solchen, die schon vergangen sind. Das kann die Seele durch die Erinnerung. 

Damit ist aber auch schon gesagt, dass das Auseinander der Zeit eine Einheit oder 

Ganzheit bildet. Wie stellt sich diese Ganzheit dar? Es gibt gleichsam eine Verdoppelung 

der Gegenwart. Die Seele vergegenwärtigt die Gesamtheit von Gegenwart und 

Vergangenheit oder Gewesenheit. Auch das Vergangene ist auf eine gewisse Weise 

gegenwärtig. Insofern ist es also erlaubt zu sagen, es gibt für die Seele einen Vorrang der 

Gegenwart - ja einen Vorrang der Vergegenwärtigung insofern, als ja auch das 

Gegenwärtige sogleich schon vergangen ist - in ihrem Verhältnis zur Zeit.   

Vorrang der Vergegenwärtigung. Plotin fasst das etwas anders. Er sagt dazu, dass es die 

Erinnerung (μνήμη) sei, die das Ganze der Zeit zusammenfügt. Nun dürfen wir aber 

freilich die Erinnerung nicht so verstehen, dass sie selber sich nur mit dem Vergangenen 

beschäftjgt. Erinnerung ist Vergegenwärtigung, sie ist im Grunde die Gegenwarts-Tätigkeit 

in Bezug auf die Zeit. Wir erinnern, um das Vergangene gegenwärtig werden zu lassen. 

Nun ist aber die Frage: wo bleibt die Zukunft? Hat Plotin auch etwas über die Zukunft 

gesagt?

Die Seele befindet sich in der Zeit und hat damit die Ganzheit ihres Zustandes in der 



vorhergehenden Hypostase des Geistes verloren. Dort war alles ungeteilte Einheit, hier 

entfaltet sich das als Nachbild einer Einheit in eine Kontinuität. Die Seele vollzieht dabei 

ein ständiges schrittweises Fortgehen ins Unendliche und dabei erreicht sie anstelle der 

gegenwärtigen Ganzheit dasjenige, wie es heißt, was nur stückhaft und immer nur künftig 

Ganzheit sein wird, so in der Enneade über Ewigkeit und Zeit. Es gibt also doch auch ein 

Bewusstsein darüber, dass die Seele es nicht nur mit der Vergegenwärtigung des 

Vergangenen zu tun hat, sie befindet sich auch in einem Verhältnis zur Zukunft.

Die Formulierung „stückhaft und immer nur künftig Ganzheit“ ist freilich interessant und 

wichtig. Die Seele ist offen auf die Zukunft gerichtet. Doch diese Zukunft ist selber nicht 

einfach unendlich offen. Es gibt vielmehr eine qualitative Ganzheit, eine Unendlichkeit als 

Ganzheit, das die aus dem Ganzen herausgefallene Seele zu erreichen oder 

nachzuahmen versucht:

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„So nämlich kann das zeitliche Leben das vollendet Ganze und in sich Gesammelte und 

vollendet Unendliche nachahmen, wenn es, indem es immerfort Neues hinzuerwirbt, im 

Sein sein will; denn nur so kann es das Sein der Ewigkeit nachahmen.“

Die Seele ahmt das Sein der Ewigkeit nach, indem sie das Ganze, Ganzheit will. Daher ist 

sie sich immer voraus, immer in das Künftige voraus. Sie ist sozusagen getrieben, diese 

Ganzheit, die sie verloren hat, wiederzufinden. Es ist eine wichtige Einsicht, unser 

Getriebensein, unsere Vor-läufigkeit so zu erläutern. Freilich ist die Frage, ob diese 

Nachahmung des Ewigen jemals erfolgreich sein wird, d.h. ob wir die verlorene Ganzheit 

je wiedererringen. Für Plotin ist das natürlich möglich. Die Seele als das Lebensprinzip 

kann selber nicht sterben. Sie löst sich vom Körper wieder ab. Für uns, die wir diese 

Seinsgewissheit verloren haben, ist das nicht mehr so klar. Das betrifft natürlich - 

philosophisch betrachtet - die Voraussetzung eines Ganzheitsverlusts, der wieder 

ausgeglichen werden kann. Geht es in der zeitlichen Entfaltung des Lebens wirklich um so 

etwas wie Ganzheit? Diese Frage stellt auf seine Weise auch Heidegger, wenn er bei der 

Erläuterung des „Seins zum Tode“ auch darauf hinweist, dass das Dasein, das diesen Tod 

sterben muss, in seinem Ende auf eine Ganzheit zugeht. Doch welche Ganzheit können 

wir erlangen, wenn wir sterben? Formal könnte man sagen, ist das Dasein „ganz“, wenn 

es an seinem Ende angekommen ist. Doch der Begriff der Ganzheit hat nicht nur eine 

formale Bedeutung. Das nur nebenbei gesagt. 

Ich sprach von einem Vorrang der Vergegenwärtigung in der Erinnerung, also von einem 

Vorrang der Gegenwart. Das wäre ganz im Sinne eines unausgesprochenen 

metaphysischen Hauptgedankens, wonach das Sein eigentlich ständige Anwesenheit ist. 

Bedenken Sie, gerade für das Sein des Bewusstseins gilt das: denn was ist das 

Bewusstsein, das nicht gegenwärtig wäre. Doch wenn die Seele nach Plotin vor allem die 

ist, die ihrer Ganzheit entgegenstrebt, dann könnte man meinen, dass es einen Vorrang 

der Zukunft gibt. Mir scheint das aber nicht ganz unproblematisch zu sein. Zwar schreibt 

Plotin, dass die Zeitlichkeit der Seele in diesem Übergehen von einer Lebensphase in die 

andere besteht, doch was bedeutet es in diesem Zusammenhang, dass die Ganzheit, die 

die Seele erstrebt, ja eine ist, die schon in der Vergangenheit der Seele liegt? Ich lasse 

das offen.

Die Seele stürzt also nicht in die Zeit, vielmehr ist die Seele Quelle der Zeit. Zeit ist ein 

seelisches Phänomen. Das bedeutet aber nicht einfach, dass die Zeit sozusagen nur in 

der Seele ist. Die Zeit ist auch in der Welt. Das wiederum liegt an dem, was ich vorhin 

bereits zitierte:

„So bedenke denn also erstlich jede Seele dies, daß sie selbst es ist, die alle Lebewesen 

geschaffen hat und ihnen das Leben einhauchte, welche die Erde nährt und welche das 

Meer, die in der Luft sind und die göttlichen Gestirne am Himmel; daß sie die Sonne und 

sie unsern gewaltigen Kosmos, sie ihn formte, sie ihn in bestimmter Ordnung kreisen läßt; 

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