Geboren wurde, wissen wir nicht von ihm selbst



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stets sich selbst zum Gegenstand hat, dass also die Philosophie sich selber denkt, kann 

bestätigt werden, wenn eben der Geist Gesetz des Seins ist. Dann ist da aber auch der 

Satz des Heraklit, der schlicht sagt: ich habe mich selbst gesucht. Das schließt an den 

Gedanken des Aristoteles, wonach der νοῦς immer sich selbst denkendes Denken ist, an. 

Der Geist sucht sich selbst, wenn er denkt, er denkt sozusagen über sich selbst nach: die 

moderne Philosophie nennt das „Reflexion“, sich auf sich selbst zurückbeugen, Gedanken 

nicht nur denken, sondern das Denken der Gedanken noch einmal durchdenken. Das ist 

für Plotin ein Gedanke, der auch mit dem des Parmenides und des Aristoteles 

korrespondiert, denn für Plotin ist das Seiende im Geist: „So sei also der Geist das 

Seiende, der alles Seiende in sich hat, nicht als in einem Ort, sondern indem er sich selbst 

hat und mit dem Seienden ein Eines ist.“ 

Das ist ein beinahe schon neuzeitlicher Gedanke, ein Gedanke, der auf die von Descartes 

ausgehende Tradition des transzendentalen Denkens hinweist. Der Geist findet das 

Seiende „in sich“, sozusagen als Bewusstsein, indem er „sich selbst hat“, d.h. indem er 

Bewusstsein seiner selbst ist. Das ist durchaus aber ein neuer Gedanke, jedenfalls in 

seiner Gewichtung. Plotin verwendet für das Wort „das Innere“ das Adjektiv ἔνδον. Zwar 

kennen natürlich schon die Philosophen vor Plotin das Wort, aber sie verwenden es nicht 

in dem starken Sinne, den Plotin kennt. Für ihn ist damit nämlich die Sphäre des Inneren 

im Denken gemeint, die Sphäre vielleicht nicht der „Innerlichkeit“, weil das ein 

vorbelastetes Wort ist, sondern der „Innigkeit“. Der Mensch verfügt über eine Innigkeit, 

eine Intimität seines Bewusstseins, in der er sich radikal von einem Außen zu 

unterscheiden vermag. Ich kann jetzt z.B. bei mir denken, dass ich es hasse, diese 

Vorlesung zu geben. Davon merken Sie nichts. Das ist natürlich nur ein schlechtes 

Beispiel, aber ein vielleicht deutliches. Augustinus, der sehr viel Plotin gelesen hat, spricht 

von einem homo interior, einem inneren Menschen, um den es eigentlich geht, d.h. um 

einen Menschen, ein Menschsein, das nicht in seiner Körperlichkeit, in seiner Exteriorität 

aufgeht. In diesem Sinne liegt die Wahrheit in uns, in unserem Inneren, und nicht irgendwo 

hinter den sieben Bergen.

Zurück zu Plotin. Das Sein und der Geist sind also Eines. Das ist der Fall, wenn Denken 

und Sein dasselbe sind. Die Einheit von Denken und Sein liegt in der Selbigkeit von 

Denken und Sein begründet. Ich hatte ja schon vorhin darauf hingewiesen, dass uns die 

Natur, die Welt, das Sein, nicht als etwas vollkommen Unverstehbares, Unzugängliches 

begegnet. Wir erfahren eine Einheit, in der uns die Welt regelhaft und geordnet erscheint. 

Bleibt noch der Hinweis auf den Platonischen Gedanken der ἀνάμνησις, der 

Wiedererinnerung. Das führt uns natürlich notwendig auf die Frage nach dem Verhältnis 

des νοῦς zu den Ideen. Denn wir haben es hier nicht umsonst mit dem Neuplatonismus 

zu tun, also es ist klar, dass Plotin denkt, die Gegenstände des Denkens sind die Ideen. 

Platon hat sich in seiner Rede von der Wiedererinnerung die Frage gestellt, wie eigentlich 

das Denken zu den Ideen kommt? Könnte man sich vorstellen, dass da Ideen sind und er 

sich diese als von außen kommend erst aneignet? Ja und nein. Nein, weil nicht zu 

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verstehen ist, wie Denken Ideen sozusagen produzieren kann. Das würde problematisch 

sein, denn das Schöne an den Ideen ist ja, dass sie sowohl ewig als auch allgemein sind. 

Das Tier ist eine Idee, die ich nicht mache, sondern die sich mir zeigt. Das bedeutet dann 

aber, dass ich irgendwie immer schon weiß, was ein Dreieck ist. Andererseits sieht man 

aber an Kleinkindern, dass sie keineswegs wissen, was ein Dreieck ist. Sie müssen erst 

lernen, was das ist. Wie kann man nun aber beide Gedanken verbinden, die Gedanken, 

dass ich einerseits schon immer weiß, was ein Dreieck ist, andererseits es aber erst 

lernen muss? 

Platon sagt: alles Lernen ist Wiedererinnern. Die Ideen sind immer schon im Wissen, doch 

sie sind irgendwie einmal vergessen worden (ungewollt natürlich, denn wie könnte man 

gewollt vergessen?). In einer exoterischen bzw. eher populäreren Rede sagt er, dass die 

Seele, frei vom Körper, vorgeburtlich (und postmortal) die Ideen schaut, sie also kennt, in 

sich hat. Nun aber, bei der Zeugung oder Geburt, vergisst die Seele diese Klarheit, die sie 

ohne Körper noch bei und in sich hatte. Denn nun ist sie mit einem Körper vermischt. In 

diesem Zustand muss sie dann mühsam lernen, was sie ohnehin kennt. Dass alles Lernen 

Erinnern ist, das läuft auf denselben Punkt hinaus, den wir in Bezug auf die Einheit von 

Denken und Sein vor uns hatten. Wir finden ja, dass die Geometrie mit der Natur 

korrespondiert, ohne freilich in der Natur vorzukommen. Niemand aber produziert das 

Dreieck. Es gibt Dreiecke. In dieser Hinsicht ist das Verstehen der Geometrie das Erlernen 

einer Sache, die wir eigentlich alle schon verstanden haben. Wäre die Geometrie und der 

Geist nicht eine Einheit, wir könnten sie niemals erlernen. Ich werde später noch auf die 

Ideen zu sprechen kommen.  

Ich habe jetzt schon häufiger erläutert, dass der Geist, indem er das Sein versteht, sich 

versteht. Dabei habe ich schon vorausgesetzt, dass das eine einfache Tätigkeit ist, dieses 

Denken. Plotin kennt aber durchaus die Frage: ist Denken nicht immer eine sehr 

täuschungsvolle Angelegenheit? Wie steht der Geist eigentlich zu dem Problem der 

Wahrheit und der wahren Aussage? Das ist, wie Sie wissen, das Thema Descartes’, das 

Thema, mit dem sich die Philosophie am Anfang der Neuzeit herumschlägt. 

Es gibt eine Plotin-Lektüre, auch und gerade bei dem von mir empfohlenen Autor Jens 

Halfwassen, einem sehr einflussreichen und wichtigen Plotin-Spezialisten, die bei Plotin 

schon immer alles findet, was in der Neuzeit so diskutiert wurde. Also: Plotin als Proto-

Descartes, Proto-Hegel. Ich finde das gefährlich und schwierig. Denn das kann man ja 

ohnehin nur machen, indem man gewisse Teile des Werks betont, andere eher 

verschweigt (z,B. die mystischen und auch mythischen Elemente bei Plotin). Andererseits 

kann man sagen, dass die Frage, inwiefern Denken sich täuschen kann und inwiefern 

nicht, eine ewige Frage ist, also eine Frage, die dem Denken als Denken bekannt sein 

dürfte. 

Was man sagen kann, das ist, dass zu Plotins Zeiten die Skepsis schon diese Fragen 

formuliert hatte, z.B. Sextus Empiricus, der im 2. Jahrhundert nach Christi lebte und zu 

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