Nazizeit und Kriegsende (1933-1945)


Die Folgen der Flurbereinigung



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Die Folgen der Flurbereinigung


Die Flurbereinigung hat für Dohren vermutlich die größten Veränderungen in der Landschaft und in den Lebensverhältnissen der Menschen seit der Markenteilung 1861/69 mit sich gebracht. Man kann diese Veränderungen, denke ich, getrost als revolutionär bezeichnen, weil sie in mehrfacher Hinsicht eine radikale Umwälzung der bestehenden Verhältnisse mit sich brachte. Was war, fragen wir uns heute, vor der Flurbereinigung so grundsätzlich anders als heute? Was hat sich geändert?


  • Nach jahrhundertelangem Bestand ging die Zeit des Heuerlingswesens zu Ende.

  • Die kleinteiligen Flächen wurden tiefgepflügt und arrondiert. Dadurch wurde die Bodenqualität verbessert, und die Bearbeitung großer Flächen mit landwirtschaftlichen Maschinen wurde wirtschaftlicher.

  • Die Entwässerung wurde durch das Anlegen von Gräben entscheidend verbessert.

  • Viele Straßen wurden asphaltiert.

  • Es fand eine Ausräumung der Natur statt.

Die Flurbereinigung ist mit dem Ende der Heuerlingszeit untrennbar verbunden. Schon durch die vorangegangenen Maßnahmen der Kultivierung des Hahnenmoors, die seit den 1950er Jahren mit Koordinierung durch die Emsland-GmbH organisiert wurde, waren Arbeitsplätze entstanden. Ein glücklicher Umstand bestand für die Heuerleute darin, daß die neuen Arbeitsplätze für ungelernte Arbeitnehmer geeignet waren. Zwar verfügten die Heuerleute über Qualifikationen. Diese lagen aber im Bereich in der Landwirtschaft und in der Regel nicht im Tiefbau.

Seit Verabschiedung des Emsland-Planes durch den Deutschen Bundestag im Jahre 1950 floß viel Geld in unsere Gegend, das auch den Heuerleuten dadurch zugute kam, daß sie besonders im Tiefbau Arbeitsplätze außerhalb der Landwirtschaft fanden. Das dort verdiente Geld führte dazu, daß sie zu Anfang nicht mehr allein und später überhaupt nicht mehr auf "ihre" Heuerstelle angewiesen waren. Viele Heuerleute strebten darauf eine eigene Siedlerstelle an, andere bauten ein Haus in einem der entstehenden Neubaugebiete (Tannensiedlung, Lehmkuhlen), eine dritte Gruppe kaufte die Heuerhäuser, in denen ihre Familien oft schon seit Generationen gewirtschaftet hatten. Als erster Heuermann gab Josef Schröder, der in einem Brokjans´schen Haus in der Nähe der Wellenstraße lebte, im Jahre 1951 "seine" Heuerstelle auf. Zur großen Welle von Aufgaben kam es in den 1960er Jahren. Trotz einiger "Nachzügler" kann man das Jahr 1970 getrost als das Jahr des Endes des Heuerlingszeit angeben.

Die bisherigen Heuerleute machten bei dieser Umwälzung wirtschaftlich einen ganz großen Sprung nach vorn. Als Verlierer sahen sich teilweise die alteingesessenen Bauern, die mit den Heuerleuten ihre billigen Arbeitskräfte verloren. Da gab es Aussagen von Bauern wie: „Ihr kommt noch mal wieder und bettelt um ein Stückchen Brot“. Diese fundamental falsche Einschätzung der Lage führte für einen Teil der Bauern zu einem wirtschaftlich Niedergang. Generell kann man sagen, daß sich die Gruppe der Bauern vom wirtschaftlichen Standpunkt her spaltete. Der eine Teil baute auf die Vorteile, die gerade ihnen durch die Bodenverbesserung und Arrondierung der Flächen im Rahmen der Flurbereinigung zuteil geworden war. Der andere Teil trauerte den vergangenen Verhältnissen nach, wünschte eine Umkehr des gesellschaftlichen Fortschritts und hatte Schwierigkeiten, sich mit den quantitativ und qualitativ größer gewordenen Arbeitsaufgaben zurechtzufinden. Quantitativ war die Arbeit umfangreicher und unangenehmer geworden, weil sie nicht mehr für jede anfallende (unangenehme) Arbeit einen Heuermann rufen konnten. Qualitativ anspruchsvoller waren der Einsatz und die Pflege der modernen landwirtschaftlichen Geräte und Maschinen sowie der wirtschaflich erforderliche Umgang mit der Behördenbürokratie zum Erhalt von Zuschüssen aus den Töpfen der Europäischen Gemeinschaft. Von den 1829 bestehenden 22 Erbhöfen93 waren 1945 noch 18 vorhanden. Heute existieren noch 16 an gleicher Stelle, zwei weitere sind ausgesiedelt. Von diesen alten Erben wird nur noch auf (maximal) 8 (!) Höfen Landwirtschaft betrieben und zusätzlich auf einem, der ausgesiedelt wurde. Das bedeutet, daß im Rahmen der Flurbereinigung und des Entstehens neuer Erwerbsmöglichkeiten (auch für Bauern, z.B. Barlage) die Hälfte der alten Bauenhöfe die Landwirtschaft aufgegeben hat. Solch einen drastischen Strukturwandel hat es mindestes in den 400 Jahren vorher in Dohren nicht gegeben.



Verbesserung der Infrastruktur

Vor der Flurbereinigung gabe es in Dohren nur wenige befestigte Straßen und wenige Entwässerungsgräben, die zudem oftmals schlecht instand gehalten wurden.

Die Entwässerung wurde auf vier größeren Abzugslinien aufgebaut: den Ziegeleigraben und die Moorabzüge I, II und III. Der Moorabzug I ist heute die Welle, zum Teil in einem neuen Lauf. Moorabzug II geht in die Welle über, und der Moorabzug III vereinigt sich bei Rüther / Dall in der Nähe der Wettruper Straße mit dem Lager Bach. Auch dieser Wasserlauf vereinigt sich mit der Welle und fließt über Lage und Andrup in die Hase.

In den 1960er Jahren wurde auch die allgemeine Versorgung mit Trinkwasser aufgebaut. Der Aufbau wurde Anfang der 60er Jahre durch die Flurbereinigung forciert. Die Siedler und die Haushalte in den neuen Baugebieten bekamen von Anfang an einen Trinkwasseranschluß.

Die älteste befestigte Straße in unserem Dorf war die heutige L55, über die an einer anderen Stelle in dieser Chronik Herr Buchholz schreibt. Der Straßenzug Hauptstraße / Dorfstraße / Mittelstraße war in mindestens drei Bauabschnitten zwischen 1914 und 1930 gebaut worden (siehe Kapitel 1: Straßenbau). Zu Anfang der 1950er Jahre wurden Straßen gebaut, die der Vorbereitung von Kultivierungsmaßnahmen dienten (siehe oben). Nach dem Wirksamwerden der Flurbereinigungsmaßnahmen etwa 1975 hatte Dohren das Straßennetz, das wir auch heute noch vorfinden. Die Straßen sind folgendermaßen zu klassifizieren:


  • die Bundesstraße 402, die im äußersten südlichen Zipfel Dohrens unser Gemeindegebiet für einige Meter überschneidet,

  • die Landstraße L55, die von der Kreuzung der Bundesstraße mit dem Kreuzdamm nach Herzlake führt,

  • drei Kreisstraßen,

  • - und zwar die K241, die die Andruper Straße, Dorfstraße und Wettruper Straße umfaßt,

  • - die K259, das ist die Moorstraße, und

  • - die K262, das ist die Grafelder Straße.

  • Alle anderen Straßen in Dohren sind Gemeindestraßen.

Für die Unterhaltung der Straßen ist der jeweilige Träger verantwortlich. Mit der Unterhaltung der Gemeindestraßen ist der Bodenkulturzweckverband beauftragt. Die Gemeinde zahlt einen Pauschalbetrag von etwa 25 Pfennig pro m2 Straßenfläche. Bei etwa 39 km Gemeindestraßen mit einer Breite von etwa 3 m ergeben sich damit laufende Kosten von ca. 30.000 DM pro Jahr (hier 1998)94. Dazu kommen Kosten für die Unterhaltung von Straßenbrücken und sonstige, nicht regelmäßige Aufwendungen, die in den oben genannten Kosten nicht enthalten sind. Pro Jahr belaufen sich die Unterhaltungskosten für die Gemeindestraßen auf insgesamt etwa 50.000,- bis 80.000 DM (1997 – 1999)95. Während es vor der Flurbereinigung nur wenige befestigte Straße in Dohren gab, führt heute zu jeder Hofstelle eine asphaltierte Straße. Das ist nicht selbstverständlich, sondern als ein Verdienst der Verantwortlichen in der Gemeinde anzusehen. Im Gebiet der Gemeinde Lähden ist das zum Beispiel nicht der Fall.


Die Verbesserung der Infrastruktur hat aber auch Opfer gekostet, die hier nicht vergessen werden sollen. So hat nach den heutigen Maßstäben eine beispiellose Ausräumung der Natur stattgefunden. Beispielsweise war ein Trupp von zwei oder drei Männern nur in Dohren mindestens drei Jahre lang ausschließlich damit beschäftigt, alte Eichen an Wegen und Fluren zu fällen. Unzählige Hecken und Büsche wurden beseitigt. Viele kleine Wege verschwanden im Rahmen von Arrondierungsmaßnahmen. Ein Mitarbeiter des Amts für Agrarstruktur sagte mir dazu noch vor kurzem (1998): "Ja, da haben wir damals noch tabula rasa gemacht. Heute läuft das alles ganz anders. Gott sei Dank". Doch wer aus heutiger Sicht annimmt, daß die genannten Maßnahmen im Rahmen der Flurbereinigung zu Ablehnung oder gar Widerstand in der Bevölkerung geführt hätten, der irrt. Das "Plattmachen" der Natur - wie man heute sagen würde - wurde damals als ein vernachlässigbar geringer Preis für den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt angesehen. Und heute muß man sagen, für alle Dohrener haben die Maßnahmen zu einer gar nicht zu unterschätzenden Verbesserung der Lebensverhältnisse geführt. Für die Heuerleute, die Siedler und einen Teil der Bauern ist das ganz klar. Aber auch für den Teil der Bauern, der nicht im gleichen Maße wie die anderen Gruppen von der Veränderung der Verhältnisse profitieren konnte, ist ersichtlich, daß sich auch für sie die Lebensumstände erheblich verbessert haben. Nur ihre herausgehobene gesellschaftliche Stellung existiert heute nicht mehr.

Und die Landschaft ist zwar immer noch recht kahl, aber neue Bäume wachsen wieder ...


Wenn so vieles für die Menschen besser wurde, dann stellt sich noch die Frage: Hat es Versäumnisse gegeben? Wurden auch Fehler gemacht, die bis heute nachwirken? Wenn es aus heutiger Sicht ein Versäumnis gibt, dann wohl das, daß man so ganz einseitig auf die Entwicklung der Landwirtschaft gesetzt hat. Für die Förderung des Gewerbes wurde wesentlich weniger getan. Es gibt sogar Hinweise darauf, daß bewußt versucht wurde, die Entstehung von Gewerbebetrieben zu verhindern. Die Beispiele nicht nur in Dohren beziehen sich auf die Fa. Klose in Herzlake, Fa. Sandmann in Hüven und die Fa. Siemens bei uns. Nach Angaben von Willi Brokgerken96 suchten Vertreter der Fa. Siemens aus Osnabrück in den 1950er oder Anfang der 60er Jahre hier Land zur Errichtung eines Industriebetriebs. Sie fanden eine geeignete Fläche in einer Parzelle des Bauern Brokgerken an der Ecke Wellenstraße / Kreuzdamm gegenüber dem Brokjans´schen Heuerhaus (heute Varelmann). Die Verhandlungen zwischen Brokgerken und der Fa. Siemens waren schon recht weit gediehen. Da einige Bauern aber befürchteten, ihre Heuerleute als billige Arbeitskräfte zu verlieren, sollen sie97 beim Landkreis in Meppen gegen die Ansiedlung interveniert haben. Daraufhin zerschlug sich das Vorhaben.


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