Geboren wurde, wissen wir nicht von ihm selbst



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Neuaristoteliker nennen.“ Richtig ist jedenfalls, dass Plotin natürlich den Aristoteles kennt 

und sich verschiedene Gedanken von ihm hernimmt (z.B. den Unterschied zwischen 

Dynamis und Energeia). Wer bin ich, einem Hegel zu widersprechen. Wenn wir heute 

einen starken Gegensatz zwischen Platon und Aristoteles machen, weil wir z.B. die 

Platon-Kritik des Aristoteles sehr ernstnehmen, dann war sowohl für die Antike als auch für 

das ganze Mittelalter dieser Gegensatz nicht so klar. Immerhin war Aristoteles ein Schüler 

des Platon. Man hat sie mehr als zusammengehörig verstanden. Sicher aber ist es sehr 

auffallend, dass, wenn man Plotin unter dem Titel „Neuplatoniker“ liest, man plötzlich an 

vielen Stellen Gedanken des Aristoteles begegnet. Trotzdem glaube ich, dass der „Geist“ 

der Philosophie des Plotin mehr Platonisch ist, wenn man so etwas sagen kann.  

Aber kommen wir zurück zu seiner Biographie. Denn da können wir noch viel lernen und 

wahrscheinlich noch etwas, das überaus wichtig ist zum Verständnis der Philosophie 

Plotins, zum Verständnis der antiken Philosophie überhaupt. Plotin sei erst 28 Jahre alt 

gewesen, als er zur Philosophie gekommen sei. Damals habe er sich in Alexandreia 

aufgehalten, einem der im zweiten und dritten Jahrhundert nach Christus wichtigsten Orte 

der Philosophie und Wissenschaft. Er sei aber nicht voran gekommen, bis ihm einer 

gesagt habe, er solle zu einem gewissen Ammonios gehen. Bei dem, seinem Lehrer, von 

dem nichts eigenes Geschriebenes überliefert ist, blieb er 11 Jahre. (Plotin und andre 

hatten Ammonios versprochen, nichts zu enthüllen, was der in seinen Vorträgen mitgeteilt 

hatte - es gab ein starkes Bewusstsein dafür, dass die Philosophie nicht für jedermann 

sei.) Danach schloss er sich dem römischen Kaiser Gordian an, um gegen die Perser in 

den Krieg zu ziehen - vielleicht um mit diesem wichtigen und interessanten Volk in Kontakt 

zu kommen (Zoroaster). Gordian aber wurde ermordet, Plotin musste fliehen und kam, 40 

Jahre alt, nach Rom.        

Dort blieb Plotin und entfaltete seine Lehrtätigkeit. Offenbar hatte er in Rom relativ viel 

Einfluss. Eine Zeit lang lehrte und wohnte er bei einer Frau namens Gemina. Von dieser 

Zeit heißt es: „Viele Männer und Frauen aber aus den vornehmsten Kreisen, denen der 

Tod nahe bevorstand, brachten ihre Kinder, Knaben sowohl wie Mädchen, und übergaben 

sie mitsamt ihrer Habe ihm als einem heiligen, göttlichen Hüter. Daher war sein Haus 

immer voll von Jünglingen und jungen Frauen.“ Von seiner Bedeutung im damaligen Rom 

spricht auch folgende Anekdote. Er wurde gefördert vom Kaiser Gallienus und seiner 

Gattin Salonina. Sie hatten eine große Sympathie für den Philosophen: „Er bediente sich 

dieser ihrer Zuneigung und bat darum, eine Stadt, die in Kampanien gelegen haben sollte, 

aber längst zerstört war, wieder zum Leben zu erwecken, und der neugegründeten Stadt 

das umliegende Land zu schenken; es sollten aber die künftigen Bewohner nach der 

Verfassung Platons leben und sie sollte den Namen Platonopolis erhalten; er versprach 

selber, sich mit seinen Schülern dorthin zurückzuziehen.“ Der Plan wurde nicht realisiert. 

Plotin hat offenbar in den höchsten politischen Kreisen Roms keine wirklich guten 

Erfahrungen gemacht. Aber der Plan ist doch interessant.

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Doch es gibt noch anderes zu berichten. So heißt es einmal: „Plotin hatte nämlich von 

Geburt an etwas Besonderes vor allen anderen. Einmal kam ein ägyptischer Priester nach 

Rom und wurde durch Vermittlung eines Freundes mit ihm bekannt; der wollte eine Probe 

seines Könnens ablegen und bot sich dem Plotin an, den ihm beiwohnenden eigenen 

Dämon durch Beschwörung sichtbar zu machen. Dieser fand sich gern bereit, und die 

Beschwörung fand im Isis-Tempel statt; denn das war, wie der Ägypter sagte, der einzige 

‚reine‘ Ort, den er in Rom finden konnte. Als nun der Dämon beschworen wurde, sich von 

Angesicht zu zeigen, da sei ein Gott erschienen, der nicht zur Klasse der Dämonen 

gehörte. Da habe der Ägypter ausgerufen: ‚Hochselig bist du, der du einen Gott als 

Dämon beiwohnen hast und keinen Dämon der niederen Klasse.‘“ Plotin wurde demnach 

nicht wie als ein „normaler Mann“ betrachtet, sondern sozusagen als ein begnadeter 

Philosoph.

Dafür spricht auch, dass das Orakel von Delphi sich über Plotin geäußert hat. Wir wissen, 

was es über Sokrates gesagt haben soll, nämlich, dass er der weiseste aller Griechen sei; 

ein Orakel, das womöglich zu seiner Hinrichtung beigetragen hat. Über Plotin nun habe 

sich das Orakel wesentlich ausführlicher geäußert - und zwar durchgängig hymnisch 

lobend. Es heißt da einmal: „Nicht hat dir gänzlich der tiefe Schlaf die Lider befangen, 

sondern den Lidern tatest du auf die lastende Verschließung, und noch in des Staubes 

Wirbeln umgetrieben schautest du mit deinen Augen Liebliches (Gnadenreiches, 

Huldvolles) viel, das so leicht nicht einer zu sehen bekommt von all den Menschen, die der 

Weisheit Sucher sind.“ Freilich war eine Biographie zu jener Zeit stets die Biographie eines 

großen Mannes - so wie teilweise heute noch.

Über den Tod des Plotin berichtet Porphyrios Folgendes. Plotin sei im Alter sehr krank 

geworden, vielleicht ist er an Lepra oder Tuberkulose erkrankt, jedenfalls an einer 

Krankheit, die ihm nicht mehr erlaubte, sich mit Freunden zu treffen. (Porphyrios erzählt 

z.B., dass Plotin die Angewohnheit hatte, alle Zuhörer seiner Vorlesungen mit einem Kuss 

zu begrüßen, was bei der erscheinenden Krankheit Ekel hervorgerufen hat.) Er zog sich 

daher auf ein Gut in Minturnae in Kampanien zurück. Dort sei er mit 66 Jahren gestorben. 

Bei seinem Ableben sei „eine Schlange unter der Bettstatt hindurchgekrochen und in 

einem Loch in der Wand verschwunden“, ein in der Antike bekanntes Motiv der 

sogenannten Seelenschlange.

Mit wem haben wir es hier also zu tun? Was kann man von diesen z.T. etwas bizarren 

Mitteilungen lernen? Zuerst: die Philosophie ist ein Leben. Die antike Philosophie ist keine 

„Wissenschaft“, kein „Fach“, die oder das man irgendwo lehrt und lernt. Wer sich zur 

Philosophie entscheidet, lebt die Philosophie, lebt als Philosoph. Dazu gehört z.B., dass 

man sich überlegt, wem man was aus seinem Denken mitteilt. Denn Denken hat etwas mit 

dem Leben zu tun, mit dem Leben auch in einer Polis, in einer Gemeinschaft. Das galt 

natürlich nicht nur für Plotin. Das war in der Antike ein Gemeinplatz. Überlegungen wie die 

der Gründung einer Stadt namens Platonopolis gehören dazu. Auch der Sachverhalt, dass 

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