Geboren wurde, wissen wir nicht von ihm selbst



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Denken ist stets Synthesis. Das ist nun eine Erkenntnis, die, ja, man kann es gar nicht 

anders sagen, bis in die Moderne hineinreicht. Kant hat dasselbe gesagt, Husserl hat 

dasselbe gesagt - es ist ein Grundgedanke jeder transzendentalen Theorie, d.h. jeder 

Theorie, die es mit den Bedingungen der Erkenntnis als Erkenntnis zu tun hat (die also 

nicht nur die Gegenstände der Erkenntnis untersucht, sondern fragt: wie geschieht 

Erkenntnis?). Das Denken versammelt stets, immer schon, die Vielheit zu einem Ganzen, 

einer Einheit. Dieses Versammeln, dieses Synthetisieren, geschieht aber nun natürlich 

nicht selber wieder in einem spezifischen Wissen, es geschieht ohne unser Zutun, Husserl 

spricht daher von einer „passiven Synthesis“. Das ist im Grunde ganz im Sinne Plotins. 

Dieser schreibt über dieses Problem einmal:

„Vielmehr fängt er, der Geist, an als einfache Einheit, bleibt aber nicht, wie er anfing, 

sondern von sich selbst unbemerkt wird er zur Vielheit, wie schlaftrunken, und entfaltet 

sein Selbst, da er Alles in sich haben will.“ (III 8, 8, Über die Natur, die Betrachtung und 

das Eine)

Der Geist ist schlaftrunken tätig, d.h. wie als würde er erwachen. Das Erwachen aber 

geschieht natürlich spontan und von selbst. Wir können nicht erwachen wollen, jedenfalls 

nicht im ersten Moment (obgleich es eine Art von Konditionierung gibt, wonach man in der 

Tat eine Absicht so sehr verinnerlicht, dass man zu einer geplanten Uhrzeit aufwacht, die 

Schlafforscher sprechen von einer „inneren Uhr“, ein seltsames Phänomen, finde ich, 

denn wir können nicht sagen, dass wir just vor dem Aufwachen wissen, was vor sich geht). 

Es gibt jedenfalls am oder im Geist ein Tätigsein, das der Geist selber nicht bewusst 

machen kann. Wahrscheinlich gehört das zum Geist. Denn würde er sich das immer 

bewusst machen, würde er nicht mehr der Geist sein, den wir kennen (das gilt natürlich 

auch für das „Unbewusste“).

Fassen wir das bisher Gesagte einmal zusammen: es gibt eine Einheit von Denken und 

Sein, in der sich das Sein selbst als „denkhaft“, „denksam“ zu erkennen gibt; das Denken 

befindet sich in diesem Milieu (Haus), indem es Differenzen setzt, indem es einzelne Ideen 

hervorhebt; diese Differenzen streben wieder zurück zum Sein, so dass wir dem 

denksamen Sein selbst ein Selbstverhältnis zusprechen müssen; doch nicht nur werden 

Differenzen vom Denken gesetzt, das Denken ist selber auch synthetisierend, es fasst 

eine Vielheit zu einer Einheit zusammen; das aber ist im nicht bewusst, d.h. es ist passiv 

synthetisierend.

Das sind schon sehr viele Erkenntnisse über den Geist und das Denken, Einsichten, die in 

die Geschichte der Philosophie eingegangen sind. Doch wir müssen noch tiefer in den 

Geist eindringen, vordringen. Ich hatte vorhin darüber gesprochen, dass wir uns der Ideen 

bedienen, ohne uns jemals der Ganzheit der Ideen bewusst zu sein. Warum ist überhaupt 

Ganzheit nötig? Was bedeutet das eigentlich? Eine schwierige Frage eigentlich. Zunächst 

einmal ist alles Eines, einheitlich. Die Einheit bezieht sich nun natürlich nicht nur auf das 

Einzelne, sondern auf das Alles selbst. Wenn Alles sich aber in einer Einheit versammelt, 

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dann ist diese Einheit das Ganze, die Totalität. Nun gibt es verschiedene Auffassungen 

von Totalität. Wenn ich sage: der ganze Mensch, dann ist diese Totalität eine qualitative, 

denn würde etwas fehlen, wäre der Mensch nicht mehr ganz. Wenn ich aber sagen: alle 

Bienen im Bienenstock, dann kann natürlich eine oder zwei oder können mehrere Bienen 

fehlen, es sind dann immer noch alle Bienen im Bienenstock, eben alle, die darin sind. 

Dieser quantitative Begriff der Totalität ist nicht so stark wie der andere. 

Welchen Begriff der Ganzheit gibt es bei Plotin? Ich bin mir nicht sicher. Wir haben ja 

gesehen, dass schon der Grundriss des Plotinschen Denkens eine spezifische Ordnung 

hat. In dieser Hinsicht gibt es eine qualitative Ganzheit, selbst wenn vielleicht Plotin diesen 

Grundriss nicht klar herausgestellt hat (Porphyrios hat in der Ordnung der Enneaden eine 

andere Ordnung verwendet, eine Mischordnung, in der es vielleicht um den Aufstieg zum 

Einen, d.h. um den Schwierigkeitsgrad der Gedanken geht, vielleicht meinte er aber auch, 

die Ordnung des Plotinschen Denkens so am besten erfasst zu haben).

Immerhin können wir auf einer logischen Ebene auch sagen, dass jede Form der 

Einzelnheit eine Ganzheit voraussetzt. Darüber ist sich Plotin klar gewesen. Nun ist aber 

auch hier die Frage zu stellen, ob diese Ganzheit qualitativ oder quantitativ aufzufassen 

ist. Nehmen wir einen Kasten Bier. So kann man sagen, die Ganzheit eines Kastens 

besteht in zwanzig Flaschen. Zwanzig Flaschen sind ein ganzer Kasten Bier. Das ist 

freilich eine quantitative Bestimmung, denn hätte der Kasten dreißig Flaschen, wären 

dreißig Flaschen ein ganzer Kasten. Hier muss nun die Ganzheit und die Einzelnheit sich 

durchdringen, die Ganzheit muss irgendwie in der Einzelnheit selber vorkommen. Wenn 

z.B. die Ganzheit eines Organismus im Leben besteht, dann muss das Leben auch in 

jedem seiner Teile vorkommen, was es auch tut. Plotin schreibt:

„Richtet sich also das Denken auf ein dem Geist Innewohnendes, so ist eben dies 

Innewohnende Form (εἶδος) und das ist die Idee (ἰδέα). Was ist nun diese Idee? Sie ist 

Geist, denkendes Sein, wobei die einzelne Idee nicht vom Geist verschieden ist, sondern 

jede einzelne ist der Geist. Und zwar ist der Geist als Ganzheit die Totalität aller Ideen, die 

einzelne Idee aber ist der Geist als einzelnes, so wie die ganze Wissenschaft die Totalität 

ihrer Lehrsätze ist, jeder einzelne Lehrsatz aber ein Teil (μέρος) der ganzen 

Wissenschaft, nicht als wäre er räumlich von ihr getrennt, sondern er hat als einzelner 

seine Kraft und Bedeutung erst in dem Ganzen.“ (V 9, 8,)

Hier haben wir also das Modell der qualitativen Ganzheit. Der Geist ist die Ganzheit aller 

Ideen, die Idee ist demnach die Ganzheit des Geistes als ein einzelnes, d.h. sie trägt die 

Ganzheit des Geistes, das Geistige, in sich. Die Idee ist demnach und muss demnach 

immer im Geist sein, der Geist ist das Milieu des Seins wie das Sein Milieu des Denkens 

ist. Doch Plotin geht hier noch weiter und das ist nun wirklich erstaunlich, das ist wirklich 

spekulativer Neoplatonismus:

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