Seminar für allgemeine pädagogik


Aristoteles (384-321 v. Chr.) und die klassischen Logik



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3.3 Aristoteles (384-321 v. Chr.) und die klassischen Logik

3.3.1 Rhetorik und Dialektik


Das Auseinanderklaffen von Rhetorik und Dialektik, das bei Platon zu einer Gegenüberstellung von guter Kunst (Dialektik als Wahrheitsfindung) und böser Kunst (Rhetorik als betrügerische Überredung) führt, ist bei Aristoteles nicht vorhanden. Beides, Rhetorik und Dialektik, bilden für Aristoteles zwei zusammengehörige, wenn auch wohlunterscheidbare Bereiche: Aristoteles’ Schrift „Rhetorik“ beginnt mit den folgenden Sätzen:

Die Theorie der Beredsamkeit ist das korrespondierende Gegenstück zur Dialektik; denn beide beschäftigen sich mit Gegenständen solcher Art, deren Erkenntnis auf eine gewisse Weise allen und nicht einer speziellen Wissenschaft gemeinsam ist. Daher haben auch alle auf irgendeine Weise Anteil an beiden [Disziplinen]; denn alle bemühen sich bis zu einem gewissen Grade, ein Argument zu prüfen bzw. zu stützen sowie sich zu verteidigen oder anzuklagen. (Aristoteles 1993, S. 7; Rhetorik: 1354a)

In weiteren Ausführungen wird deutlich, daß Aristoteles jenen Typus von Reden in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellt, die die sachliche, argumentativ abwägende Argumentation am meisten benötigt: die Gerichtsrede. Aristoteles fordert: Das, was die Mehrheit der Menschen planlos oder aus Gewohnheit tue, wenn Argumente ins Spiel kommen, sei zu methodisieren und in den Rang einer Theorie (episteme) zu erheben. Damit unterscheidet sich Aristoteles’ Intention von der anderer Rhetorik-Lehren, die sich im wesentlichen darauf stützten, mit den Mitteln der Überredungskunst ihr Ziel zu verfolgen. Aristoteles kritisiert, daß die bisherigen Theorien der Beredsamkeit keine logische Beweisführung durch Schlußverfahren kennen, die doch die Grundlage der zu leistenden Überzeugungsarbeit darstelle. Statt dessen werde rhetorisch mit den Mitteln der affektiven Beeinflussung gearbeitet: „Denn Verdächtigung, Mitleid, Zorn und dergleichen Affekte der Seele zielen nicht auf die Sache selbst, sondern auf den Richter“ (ebenda, S. 7). Aristoteles weist diese Einseitigkeit zurück mit dem Hinweis, daß das gesprochene Wort vor Gericht (anders als etwa beim Schauspiel!) nicht darauf abziele, Menschen zu beeinflussen, vielmehr gehe es um die Wahrheit der Sache.

Bei Aristoteles werden die Dialektik und das logische Schlußverfahren - der Syllogismus - zur Grundlage der Rhetorik. Aufgabe der Rhetorik sei es, Glaubwürdiges von nur scheinbar Glaubwürdigem, d.h. richtige Schlüsse von falschen Schlüssen, zu trennen:

Die Rhetorik stelle also das Vermögen dar, bei jedem Gegenstand das möglicherweise Glaubenerweckende zu erkennen. Denn dies ist die Funktion keiner anderen Theorie. Jede andere nämlich will über den ihr zukommenden Gegenstand belehren und überzeugen: wie die Medizin über das, was gesund oder was krank ist, die Geometrie über die Vorgänge, die die Größe betreffen, die Arithmetik über die Zahl und in gleicher Weise auch die übrigen theoretischen Anweisungen und Wissenschaften. Die Theorie der Beredsamkeit dagegen scheint sozusagen in der Lage zu sein, das Glaubenerweckende an jedem vorgegebenen Gegenstand zu untersuchen. Darum behaupten wir auch von ihr, daß sie kein ihr eigenes auf eine bestimmte Gattung von Gegenständen beschränktes Gebiet theoretischer Anweisungen besitzt. (Aristoteles 1993, S. 12; Rhetorik 1355b)

Aristoteles nennt drei Überzeugungsmittel, die dem Redner zur Verfügung stehen: Sie liegen



  1. entweder in der Person des Redners,

  2. in der Erzeugung eines bestimmten Affektes beim Zuhörer,

  3. oder in der Rede selbst.

zu a) Auf die Persönlichkeit des Redners und seine Glaubwürdigkeit kommt es vor allem an, wenn über einen Tatbestand nicht volle Gewißheit, sondern Zweifel herrscht. Dies ist in der Praxis sehr häufig der Fall. Hier wird bereits vorweggenommen, daß die Meinung eines Experten allein schon dadurch, daß er als Experte auftritt, mit einem besonderen Bonus an Glaubwürdigkeit ausgestattet ist. Diese Erfahrung ist in der Moderne in einer immer komplexer werdenden Welt besonders gut nachvollziehbar: Wenn Argumente undurchschaubar werden - das sind sie heute bei komplexen Sachfragen für die meisten Menschen -, dann erhält die Meinung des Experten einen Ansichwert durch seine Person - die noch gesteigert wird, wenn er in der Lage ist, seine Äußerung medienwirksam zu gestalten.

zu b) Auf den Zuhörer Wirkung auszuüben ist eine der wichtigsten Intentionen rhetorischer Praxis. Im allgemeinen werden in der antiken Rhetoriklehre drei Arten der rhetorischer Wirkung unterschieden: Einsicht, Besänftigung und Pathos (Göttert 1998, S. 22). Das Pathos (gr. Erlebnis; Leiden; Schicksal) spielt insbesondere im Zusammenhang der Poetik (Dichtkunst, Drama) eine Rolle, was in unserem Zusammenhang nur erwähnt, aber nicht behandelt wird.

Der ideale Redner soll nach Aristoteles so sprechen, daß der Zuhörer sich ein wahres Urteil bilden kann. Der Redner hat es aber meistens nicht mit der Wahrheit, sondern mit unterstellter Wahrheit, d.h. Wahrscheinlichkeit, zu tun. In diesem Sinne charakterisieren Ueding und Steinbrink Aristoteles’ Rhetorik:

Die Redekunst befaßt sich mit dem Wahrscheinlichen; ihr Ziel ist es, Mittel bereitzustellen, die den Redner in die Lage versetzen, die Zuhörer zu überzeugen. Es ist die auf praktische Umsetzung zielende Behandlung der durch die Dialektik gewonnenen Erkenntnisse, die sich nicht allein auf die Richtigkeit des Schlusses bezieht, sondern auch auf die Erkenntnisfähigkeit des Zuhörers, denn der Zuhörer „ist richtunggebend. Der Zuhörer muß betrachten und beurteilen, beurteilen entweder Geschehenes oder Kommendes“. (Ueding/Steinbrink 1986, S. 25)

zu c) Aristoteles hat ein umfangreiches methodisches Instrumentarium entwickelt, mit dessen Hilfe die Rede unabhängig von der Persönlichkeit des Redners oder der Wirkung auf die Zuhörer überzeugend gemacht werden soll: durch logische Beweisführung. Dieses Instrumentarium logischer Hilfsmittel, das Argumentieren ermöglicht, nannte er Organon. Später wurde mit diesem Begriff Aristoteles‘ Schriften zur Logik zusammengefaßt, die auch die Logik als philosophische Disziplin begründen. Es handelt sich um die folgenden Werke:


  • Kategorienlehre

  • Lehre vom Satz

  • Erste Analytik (Über den Schluß) - Zweite Analytik: (Über den Beweis)

  • Topik (Über die wahrscheinlichen Schlüsse)

  • Sophistische Widerlegungen (Über die falschen Schlüsse).

3.3.2 Der Syllogismus (Deduktion)


    Der logische Schluß und das mit ihm erfolgende Beweisverfahren bilden den eigentlichen Mittelpunkt der klassischen Logik. Im Syllogismus wird aus zwei Urteilen (Vordersätzen, Prämissen) ein drittes Urteil (Schlußfolgerung, conclusio) gewonnen. Argumentationstheoretisch ist die Umkehrung wichtig: Ein Satz (conclusio) wird nach den ihn notwendig begründenen Argumenten (Prämissen) befragt.

    Syllogistische Sätze sind Sätze mit einstelligen Prädikatoren, d.h. in jedem Satz wird einem Begriff ein Prädikat (Ausdruck) zugeordnet, z.B „ist sterblich“, „ist ein Lebewesen“, „schweigt“. Seit Aristoteles können syllogistische Sätze, allgemein ausgedrückt, in den folgenden vier Formen auftreten (wobei A und B einstellige Prädikatoren sind): Alle B sind A – Kein B ist A – Einige B sind A – Einige B sind nicht A (Detel 1993, S. 161; Zekl 1998, S. XX).

    Aristoteles sagt in der Ersten Analytik (I, Kap. 4): Wenn sich drei Begriffe so zueinander verhalten, daß der letzte Begriff [Unteregriff C] in dem mittleren Begriff [B] als Ganzem ist, und der mittlere wiederum im ersten [dem Oberbegriff A] als Ganzem enthalten ist2, so ergibt sich notwendig für die Außenbegriffe [(A und C] ein vollkommener Schluß. Kürzer ausgedrückt:

    Wenn nämlich A von jedem B und B von jedem C (ausgesagt wird), so ist notwendig: A wird von jedem C ausgesagt. (Aristoteles 1998, S. 13; Erste Analytik:25 b-26a).

    Der Mittelbegriff B ist in beiden Prämissen, aber nicht im Schlußsatz enthalten. Die Schlußfigur (der Syllogismus) besteht aus drei Sätzen: den zwei Vordersätzen (Prämissen) und der aus ihnen gezogenen Konklusion. Jene Prämisse, die den Oberbegriff A enthält, heißt auch Obersatz, die den Unterbegriff C enthält, Untersatz. In seiner einfachsten Form läßt sich der Syllogismus an dem folgenden bekannten Beispiel demonstrieren (das bei Aristoteles nicht auftaucht):

    Obersatz: Alle Menschen sind sterblich

    Untersatz: Sokrates ist ein Mensch

    Schluß: Sokrates ist sterblich.

    Dabei sind „sterblich“ (A) und „Sokrates“ (C) Außenbegriffe, „alle Menschen“ (B) der Mittelbegriff. Um dem A-B-C-Schema zu genügen, müßten die drei Sätze, genau genommen, folgendermaßen angeordnet werden (siehe Tabellenmitte):



    Satzbezeichnung

    Beispiel

    Schlußfigur

    1. Prämisse (Obersatz)

    Sterblich sind alle Menschen

    A x B

    2. Prämisse (Untersatz)

    Ein Mensch ist Sokrates

    B x C

    3. Konklusion (Schluß):

    Sterblich ist Sokrates

    A x C

Erläuterung:

(1) Der Mittelbegriff B (alle Menschen) ist in A (sterblich) enthalten



  1. Ebenso ist C (Sokrates) in B (jeder Mensch) enthalten

  2. Deshalb ist C (Sokrates) in A (sterblich) enthalten.

    „Alle Menschen sind sterblich“ (alle B sind A) ist eine bejahende Aussage. Die Prämisse eines Syllogismus kann auch verneinend sein (kein B ist A); sie kann ferner eine partiell bejahende Aussage (einige B sind A) oder eine partiell verneinende Aussage (einige B sind nicht A) darstellen. Partielle und verneinende Aussagen bedingen, daß der aus ihnen gezogene Schluß nicht vollständig bzw. nicht zulässig ist; Prämissen, die nur die Möglichkeit eines Sachverhaltes einräumen (d.h. kontingent sind), bedingen, daß der resultierende Schluß nicht zwingend ist. Wir verzichten darauf, auf weitere Schlußfiguren einzugehen. Aristoteles nennt drei, die klassische Logik kennt vier Schlußfiguren, der hier behandelte erste Modus der ersten Figur ist die wichtigste3.

    Aristoteles (1992, S. 16: Topik 105a) verstand Deduktion als die Bildung eines logisch gültigen Schlusses mit Hilfe von drei Begriffen, Induktion als Erkenntnis der „ersten Prinzipien“ aus Einzelwahrnehmungen. Letzteres kann entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch als Aufstieg vom Besonderen zum Allgemeinen verstanden werden. Demgegenüber ergeben sich in der Syllogistik Schwierigkeiten, Deduktion als Abstieg vom Allgemeinen zum Besonderen zu definieren, wie dies der allgemeine Sprachgebrauch nahelegt. Schon die Annahme, daß beim deduktiven Schluß die Reihenfolge der Prämissen (Obersatz – Untersatz) für das Ergebnis Bedeutung habe, ist unbegründet (vgl. Perelman 1979, S. 38). Die Konklusion ist dieselbe, wenn wir den obigen Sokrates-Syllogismus folgendermaßen schreiben:

    Sokrates ist ein Mensch (Untersatz)

    Jeder Mensch ist sterblich (Obersatz)



    Sokrates ist sterblich (Schluß)

    Die weit verbreitete Meinung, daß der deduktive Schluß in jedem Falle die Ableitung des Besonderen aus dem Allgemeinen darstelle, ist fragwürdig (vgl. Beckermann 1997, S. 34 ff.). Tatsächlich können deduktiv gültige Schlüsse ebenso vom Allgemeinen zum Allgemeinen gehen („Alle Katzen sind Tiere; alle Löwen sind Katzen; alle Löwen sind Tiere“), aber ebenso vom Besonderen zum Allgemeinen führen („Hans ist nicht blond“; „Hans ist Schwede“; Nicht alle Schweden sind blond“).

    Ein Urteil ist notwendig, wenn es für jeden denkbaren Fall gilt; es kann andererseits kontingent sein, dann besagt es nur eine Möglichkeit: A vermag B zu sein (muß es aber nicht). Schlüsse, die aus kontingenten Prämissen gezogen werden, sind ebenfalls kontingent (nicht notwendig). Ferner kann die Prämisse hypothetisch, sein, d.h. eine bestimmte Bedingung aussprechen: Wenn A, dann B. Die Prämisse kann disjunktiv sein: A = B oder C. Die verschiedenen Schlüsse, die sich aus diesen unterschiedlichen Urteilsformen und ihren Kombinationen ergeben werden im folgenden nicht behandelt, bzw. nur an wenigen Einzelbeispielen erläutert.

    Wahrheit und Gültigkeit eines Urteils ergeben sich oft erst aus seiner Verknüpfung mit anderen Urteile. Aus wahren Prämissen folgt - bei richtiger Anwendung der Schlußregel - eine wahre Konklusion; aus falschen Prämissen muß eine falsche Konklusion folgen. Falls die Konklusion empirisch dennoch wahr sein sollte, folgt sie nicht aus den Prämissen, sondern aus anderen Urteilen. Umgekehrt gilt: Falls die Konklusion falsch ist, folgt dies entweder aus der Falschheit einer Prämisse oder aber aus einer falsch angewandten Ableitungsregel bzw. auf Grund fehlender Notwendigkeit. Versuchen wir, einen Syllogismus zu bilden, in dem A allen B, doch B keinem C zukommt; die Begriffe seien Lebewesen (A), Mensch (B), Pferd (C):



  1. Vordersatz (Obersatz): Alle Menschen sind Lebewesen

  2. Vordersatz (Untersatz) Pferde sind nicht Menschen

  3. Schluß (Konklusion): Pferde sind /nicht/ Lebewesen

    Von Aristoteles (1998, S. 13) und aus eigener Erfahrung wissen wir, daß es sich um einen Fehlschluß handelt. Aus beiden Vordersätzen ist überhaupt kein notwendiger Schluß ableitbar. Jede der beiden Vordersätze ist für sich genommen wahr, aber es ist falsch, einen Schluß aus ihnen zu ziehen. Wie deutlich wird, kann bei einem Scheinbeweis die Konklusion empirisch richtig sein: „Sehschwache Menschen sind Brillenträger“; „Hunde sind keine sehschwachen Menschen“. Schlußfolgerung: „Hunde sind keine Brillenträger.“ In der Tat!

    Urteile, die eine einfache Aussage (ohne einschränkende Bedingung) machen - wie unsere Beispielsätze - heißen kategorisch. Neben dem kategorischen Schluß, sind der bereits oben erwähnte hypothetische und der disjunktive Schluß ausgeführt werden.

    Der hypothetische Schluß hat die Form:


  1. Wenn A, dann B 1. Wenn A, dann B Ein Fehlschluß ist jedoch:

  2. Nun ist A oder 2. Nun ist B, 1. Wenn A, dann B

  3. Also ist B 3. Also ist A 2. Wenn non-A, dann non-B.

    Um das Gesagte zu verdeutlichen: Richtig ist der hypothetische Schluß 1. Immer wenn es regnet, ist der Boden naß; 2. Jetzt regnet es; 3. Jetzt ist der Boden naß. Falsch ist jedoch ein Schluß: Wenn es nicht regnet, ist der Boden nicht naß. Dazu sagt Aristoteles:

    Und weil die Erde infolge des Regens naß wird, glauben wir auch, daß es, wenn sie naß ist, geregnet hat. Und doch folgt das nicht notwendig. (Aristoteles 1968, S. 10: Sophistische Überlegungen 167 b).

    Die an zweiter Stelle genannte Form des hypothetischen Schlusses entspricht der Annahme einer kausalen Beziehung zwischen A und B. Vom Ereignis B wird auf die Ursache A zurückgeschlossen. In dieser Form des hypothetischen Schlusses ist zwingend erforderlich, daß B ausschließlich von A (nicht noch von anderen Größen) abhängt. Gesetze des assoziativen Lernens (Reiz-/Reaktionslernen, klassische Konditionierung) sind in Form des hypothetischen Schlusses anwendbar: Besteht eine feste Verbindung zwischen dem Reiz A und der Reaktion B, so ist davon auszugehen, daß mit dem aktuellen Auftreten des Reizes A das Verhalten B ausgelöst wird.

    Der disjunktive Schluß hat die Form:



  1. A ist entweder x, y oder z Zehntkläßler in der Bundesrepublik Deutschland besuchen entweder

    Gymnasium, Realschule,Gesamtschule4

  1. A1 ist weder x noch y Der Zehntkläßler Kevin besucht weder Realschule noch Gesamt

    schule

  1. A1 ist z Kevin besucht das Gymnasium

    In diesem Syllogismus ist eine Verkürzung enthalten. Das Urteil A1= A („Der Zehntkläßler Kevin ist Zehntkläßler in der BRD) wurde nicht ausgesprochen, sondern mitgedacht. Verkürzte Schlüsse sind, wenn die Verkürzung sachlich korrekt ist, erlaubt und durchaus üblich (Falls Kevin in einem anderen Land zur Schule geht, ist unser Schluß falsch oder zumindest nicht eindeutig). Beim disjunktiven Schluß wird im Obersatz eine Reihe von Denkmöglichkeiten, im Untersatz der Ausschluß aller Möglichkeiten bis auf eine einzige postuliert. Die Konklusion ist die positive Bestätigung dieser Denkmöglichkeit. In allen bisher genannten Schlüssen ging es darum, daß ihr Obersatz eine allgemeine Aussage war, die mit einer weniger allgemeinen Aussage (Untersatz) verbunden wurde. Handelt es sich bei den Prämissen dabei um wahre Sätze, nicht nur um bloße Annahmen, spricht man von einem deduktiven Beweis.

    Merke: Ein Beweis ist der Nachweis der Wahrheit einer Behauptung durch begründete Argumente mittels einer Schlußfolgerung. Der Beweis hat die Funktion, Wissen zu begründen. Beweise können direkt oder indirekt geführt werden, sie können vollständig (deduktiv) oder unvollständig (induktiv) sein.

    Der Syllogismus (die deduktive Ableitung einer Konklusion aus zwei gültigen Prämissen) ist ein vollständiger und zwingender Beweis. Ist eine direkte Beweisführung nicht möglich, wird eine indirekte Beweisführung versucht. Dies geschieht, indem die logische Unmöglichkeit des Gegenteils der Behauptung dargestellt wird: „Gesetzt, es gilt non-A!“ Aus der absurden Konsequenz dieser Überlegung wird der Schluß gezogen, daß nur die Behauptung „Es gilt A!“ wahr ist. Die Behauptung A! (= „Es gilt A!“) wird zur bewiesenen These, indem gezeigt wird, daß non-A nicht gelten kann.

    Im Zusammenhang der Beweisführung - die den Kern jeder Argumentation ausmacht - wird die Widerlegung der These eines Gegners (Opponenten) direkt oder indirekt versucht. Das schließt ein die Entlarvung von falschen Schlüssen, Scheinbeweisen und Beweisfehlern. Aristoteles hat sich in den „sophistischen Widerlegungen“ mit einer Reihe von Scheinbeweisen beschäftigt.

    Sätze, die nicht notwendig wahr, sondern nur wahrscheinlich wahr sind, besitzen für die Argumentationstheorie besonderes Interesse, weil sie zusätzlicher Argumente bzw. weiterer Begründungen bedürfen, um eine zunächst unverbindlich erscheinende Wahrscheinlichkeit in ein „an Sicherheit grenzende“ Wahrscheinlichkeit glaubhaft zu machen. Ich gebe ein Beispiel aus der zeitgeschichtlichen Forschung:



  1. Die meisten Doktoranden, die ab 1933 bei Professor X promovierten, waren Nationalsozialisten.

  2. Dr. T. war Doktorand von Professor X.

  3. Dr. T. war - wahrscheinlich - Nationalsozialist.

Nehmen wir an, daß der Obersatz Ergebnis einer intensiven Archivforschung ist: die Promotionsakten der Fakultät wurden hinsichtlich der von Prof. X betreuten Doktoranden für den Zeitraum 1933-45 untersucht, wobei gleichzeitig auf einem Personalblatt nach möglicher NSDAP-Mitgliedschaft geforscht wurde. Nehmen wir an, daß bei 8 von 10 Doktoranden ein Eintrag - NSDAP-Mitglied - gefunden wurde. Ein weiterer Doktorand, Dr. T., wird in den Archivunterlagen entdeckt, aber die meisten Unterlagen über ihn sind verloren gegangen. Die erste Schlußfolgerung ist, daß wahrscheinlich auch Dr. T. Parteimitglied war. Aber das ist keineswegs sicher. Es ist eine reine Vermutung, eine Arbeitshypothese. Um Argumente zu finden, die diese Vermutung stützen oder auch zurückweisen, müssen weitere Sachverhalte über Einstellung und Verhalten von Dr. T. erforscht werden. Fragen wie „War Professor X Nationalsozialist?“, „Enthalten Thema und Inhalt der Dissertation von Dr. T. Hinweise auf die NS-Ideologie?“ werden dabei eine Rolle spielen - falls ein direkter Nachweis der NSDAP-Mitgliedschaft (bzw. Nichtmitgliedschaft) unmöglich sein sollte.

3.3.3 Induktion (nicht-deduktive Schlußverfahren)


    Deduktive Schlußverfahren sind „die einzige zwingend beweisenden Argumentationen“ (vgl. Lumer 1990, S. 49). Vom deduktiven Schlußverfahren sind nicht-deduktive Verfahren zu unterscheiden. Der Erkenntnisweg, von einzelnen Objekten (Beobachtungen, Tatsachen) auf die Gesamtheit aller zugehörigen Objekte (Beobachtungen, Tatsachen) zu schließen, heißt Induktion, das dementsprechende logische Schlußverfahren ist induktiv.

    In diesem Sinne induktiv, d.h. verallgemeinernd, urteilt unserer Alltagsebewußtsein. Der induktive Schluß ist insofern nicht vollständig, als von einer Anzahl beobachteter Fälle auf die Gesamtheit aller möglichen Fälle geschlossen wird. Falsche Verallgemeinerungen führen zur Vorurteilsbildung. Beispiel: Ich begrüße den Nachbar im Hausflur am frühen Morgen, wir kommen uns nahe; mir scheint, er riecht - wenn auch sehr schwach - nach Alkohol. Dies läßt in mir den Gedanken aufblitzen: Da stimmt doch etwas nicht! Vielleicht treffe ich den Nachbarn am nächsten Morgen zufällig wieder beim Verlassen des Hauses. Falls er jetzt zum zweiten Male diese hauchzarte „Fahne“ hat, bin ich mir meines Urteils schon fast sicher: der greift regelmäßig zur Flasche, kurzum, der Nachbar ist alkohol-abhängig! Tatsächlich muß diese mir fast zur Gewißheit gewordene Vermutung überhaupt nicht zutreffen, es kann sich um zwei einzelne Zufallsereignisse mit einem völlig anderem Kontext handeln: etwa der Einnahme eines in Alkohol gelösten Medikaments.

    Ein anderes Beispiel: Eifersucht - nach Luhmann gewiß ein zeitübergreifendes Kommunikationsmedium - ist einer der Gründe für Argwohn, der sich von - in der Regel falschen - Verallgemeinerung nährt. Das wußte bereits Aristoteles, als er warnte:

    Man will erhärten, daß einer ein Ehebrecher ist und nimmt zum Beweis die Folge zu Hilfe: er putzt sich, und man sieht ihn nachts umherschleichen. Aber das gilt von vielen., ohne daß sie deshalb jene Anklage trifft. (Aristoteles 1968, S. 10; Sophistische Widerlegungen: 167b).

    In den Naturwissenschaften und in den empirischen Sozialwissenschaften führt freilich kein Weg an induktivem Vorgehen in der Forschung vorbei. Einzelne Beobachtungen, die auch bei Wiederholung des beobachteten Experiments immer wieder dieselben Resultate erzielen, werden mit Hilfe von mathematischen Methoden in ein allgemeines Gesetz gefaßt. Die Statistik stellt heute Prüfmethoden bereit, die unter Berücksichtigung eines bestimmten Prozentsatzes der Irrtumswahrscheinlichkeit, über die Annahme oder die Ablehnung einer Untersuchungshypothese entscheiden. Der unvollständige induktive Schluß wird also in eine wahrscheinlichkeitsbedingte Aussage umgewandelt. Aristoteles bewertete Syllogismus und Induktion wie folgt:

    Die Induktion aber ist der Aufstieg vom Besonderen zum Allgemeinen, z.B.: wenn der beste Steuermann ist, wer seine Sache versteht, und Gleiches von dem Wagenlenker gilt, so ist auch der Beste überhaupt, wer seine jeweilige Sache versteht. Die Induktion ist überzeugender, deutlicher, sinnlich faßbarer und der Menge vertrauter, der Syllogismus zwingender und für die Widerlegung wirksamer. (Aristoteles 1992, S. 16; Topik 105a).

    Ein wesentliches Verdienst Aristoteles’ besteht darin, induktive Schlüsse, deren Konklusion nur wahrscheinlich aber begründet ist, zu trennen von Schein- oder Fehlschlüssen. Die Crux des induktiven Schlusses liegt in der Unvollständigkeit der Begründung. Dies hat in unserer Zeit Karl R. Popper (1902-1991) dazu veranlaßt, den Induktionsschluß generell zu verwerfen und sein Programm des „Kritischen Rationalismus“ zu entwickeln, das forschungslogisch nur die Deduktion als Beweisverfahren zuläßt (vgl. Retter 1997, S. 173 f.). Aber man kann natürlich auch fragen: Woher gewinnt im deduktiven Schluß der Obersatz seine Gültigkeit? Er läßt sich jedenfalls nicht durch Ableitung aus noch allgemeineren Prinzipien gewinnen. Dies lenkt den Blick auf Philosophen, die den ehrwürdigen Syllogismus für Unsinn hielten: Neben Francis Bacon (1561-1626) ist hier vor allem John Stuart Mill (1806-1873) zu nennen. Mill übte in seinem Werk „Induktive Logik“ Kritik an der Deduktion, indem er darauf verwies, daß sie nur zu Scheinschlüssen führe. Die Deduktion setze ein „Allgemeines“ voraus; tatsächlich aber handele sich dabei immer um eine aus der Erfahrung oder der Erfahrungswissenschaft gewonnene Einsicht.

    Prüfen wir diesen Vorwurf Mills an dem Satz: „Alle Menschen sind sterblich“. In der Tat handelt es sich um eine Erfahrungstatsache; sie könnte von der biologischen Wissenschaft noch tiefer begründet und in den Übergängen vom anorganischen zum organischen Sein weiter ausdifferenziert werden. Mill wollte darauf aufmerksam machen, daß die Wahrheit der Obersätze durch empirisches Wissen über Einzeldinge und deren vollständige Induktion zustande komme. In der Tat: Der Satz „Alle Menschen sind sterblich“ ist uns primär durch unsere Erfahrung, daß dies tatsächlich so sei, zu einer „wahren“ allgemeinen Erkenntnis geworden. Angesichts dieser durchschlagenden Erfahrung ist es für vernünftige Menschen geradezu lächerlich, die Schlußfolgerung „Also bin auch ich sterblich“, als zwingende Erkenntnis eines deduktives Beweisverfahrens und nicht als induktive, im täglichen Leben (etwa durch tägliche Todesanzeigen) immer wieder bestätigte Einsicht zu betrachten.

    Festzuhalten ist, daß wir weder voraussetzungslos argumentieren, noch voraussetzungslos erkennen. Es ist immer schon etwas da, an das wir anknüpfen. Der Satz „Alle Menschen sind sterblich“ wird, indem wir ihn zum Obersatz eines Syllogismus machen, herausgenommen aus einem Geflecht von wahren Sätzen, die wissenschaftlich wie erfahrungsbezogen gesicherte Erkenntnis darstellen.

    Aristoteles bezeichnet Syllogismus und Induktion als die beiden Verfahren, mit denen dialektische Probleme gelöst und Thesen bewiesen werden. Dialektisch meint hier das noch nicht völlig Geklärte, das einer Klärung und Sicherung zugeführt werden kann - anders ausgedrückt: eine Methode, mit deren Hilfe über alle offenen oder strittigen Fragen argumentiert werden kann (Risse 1972, Sp. 165).

    Im Übergang von der spätantiken zur frühmittelalterlichen Philosophie entwickelt sich ein Kanon von Lehrgebieten, der als die „sieben freien Künste“ ab dem 12./13. Jahrhundert die Basis aller Universitätsbildung ausmachte: die drei ersten Künste sind: Grammatik, Rhetorik, Dialektik. Sie heißen auch Trivium („Alle guten Dinge sind drei!“). Diesen sprachlich orientierten Künsten (im Sinne von „techne“) folgen vier weitere, genannt Quadrivium: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie. Abgesehen von der Musik sind in ihnen die mathematisch-naturwissenschaftlichen Lehrgebiete präsent. Grammatik, Rhetorik und Dialektik sind im Bildungskanon des Mittelalters auch unter dem Begriff „Logik“ zusammengefaßt worden. Die allzu schematische Anwendung der aristotelischen Logik im universitären Schulbetrieb des Spätmittelalters („Scholastik“) führte im Zeitalter der aufbrechenden Naturwissenschaft zu einer radikalen Kritik. So veröffentlichte der englische Philosoph Francis Bacon 1620 eine Abhandlung mit dem Titel „Neues Organon“ in der er sich mit deutlicher Kritik am Aristotelismus für Naturerkenntnis auf der Grundlage von Beobachtung und Induktion einsetzte.

3.3.4 Exkurs: Zur klassischen Definition von Begriffen am Beispiel von „Erziehung“


In der Lehre vom Satz behandelt Aristoteles die Differenz von Nomen und Verbum, Bejahung und Verneinung, Rede und Aussage. Für unseren Zweck ist die Definition von Begriffen interessant. Aristoteles beschäftigt sich mit diesem Thema im ersten Buch der zweiten Anlytik, ferner im sechsten und siebten Buch der Topik. Das Wichtigste: die Definition muß stimmen, d.h. der einem Sachverhalt oder Gegenstand zugeordnete Begriff muß stimmig sein mit dem, für das er stehen soll. Aber am Ende seiner Bemühungen muß Aristoteles eingestehen: Eine Definition zu begründen ist schwerer, als sie zu widerlegen (vgl. Aristoteles 1992, S. 168: Topik 154 a).

    Für Aristoteles bestand kein Zweifel, daß Begriffsdefinitionen wahr sind und allgemeine Akzeptanz finden, wenn sie notwendig sind und korrekt gebildet werden (d.h. die von ihm im einzelnen aufgeführten Fehler vermieden werden). Heute kann man feststellen, daß in die grundlegenden Begriffe einer Wissenschaft - dies gilt insbesondere für die Geisteswissenschaften - nicht nur logische Definitionsmerkmale eingehen, sondern auch unterschiedliche Standpunkte. Vor allem wenn ein ganzes Netz von Begriffen ein wissenschaftliches Arbeitsfeld „besetzt“, handelt es sich in der Regel nicht um universell geltende Definitionen, sondern um die Explikation eines bestimmten Theoriehintergrundes.

    Um die Aktualität des Gesagten an einem Beispiel zu demonstrieren: Anfang der siebziger Jahre gab es eine Kontroverse zwischen Wolfgang Brezinka (*1928), Vertreter einer empirisch-analytischen erziehungswissenschaftlichen Position, und Klaus Mollenhauer (1928-1998), Vertreter einer gesellschaftskritisch-empanzipatorischen Position. Brezinka, der die „Begriffsverwirrung“ in der Erziehungswissenschaft kritisierte, bemühte sich um eine klare Definition des Erziehungsbegriffs, indem er auf die Definitionsregeln der klassische Logik verwies, sowie eine sprachvergleichend und etymologisch fundierte Bedeutungsanalyse von „Erziehung“ vornahm (vgl. Brezinka 1981). Auf Grund dieser Vorarbeiten definierte Brezinka:

    Unter Erziehung werden Handlungen verstanden, durch die Menschen versuchen, das Gefüge psychischer Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Bestandteile zu erhalten oder die Entstehung von Dispositionen, die als schlecht bewertet werden, zu verhüten. (Brezinka 1981, S. 95)

    Mollenhauer kritisierte diesen Begriff, indem er behauptete, in der Definition Brezinkas erscheine das Kind lediglich als „Objekt von Handlungsinteressen“. Mollenhauer begründete seine Behauptung mit zwei Argumenten: Einerseits sei für Brezinka Intentionalität nur auf der Seite des Erziehers lokalisiert, von der Intentionalität des Kindes sei nicht die Rede; andererseits bestehe Brezinka darauf, „daß Erziehung nicht als Interaktion, sondern im engeren Sinne als Handlung bestimmt werden müsse“ (Mollenhauer 1972, S. 27). Mollenhauer definierte im Anschluß an Habermas „erzieherisches Handeln“ als kommunikatives Handeln innerhalb der Sinnstruktur eines pädagogischen Feldes, das im Rahmen einer „Theorie der gesellschaftlich-historischen Bedingungen kommunikativen Handelns“ legitimiere, Emanzipation als - nicht operationalisierbares - Erziehungsziel auszuweisen (vgl. Mollenhauer 1972, S. 28 f., 50 f., 67).

    Allein schon dadurch, daß Begriffsdefinitionen nicht als universell gültiger Ausgangspunkt für eine darauf aufbauende Theorie fungieren, sondern bereits Indiz für differente Theoriehintergründe sind, offenbaren sich für jede argumentative Auseinandersetzung grundsätzliche Schwierigkeiten - wie auch die Kontroverse zwischen Mollenhauer und Brezinka deutlich macht. Argumente können in ihrem Für und Wider nur dann miteinander verglichen werden, wenn die Basis ihrer Begrifflichkeit dieselbe ist. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für Argumentation. Differenz in der Definition von Grundbegriffen ist ein Zeichen für Inkommensurabilität (Nichtvergleichbarkeit), die für rationales Argumentieren eine besondere Hürde darstellt (vgl. Lueken 1992). Hinzu kommt, daß weitere Theoriestücke (bei Brezinka der Begriff „Disposition“- bei Mollenhauer der Begriff „pädagogisches Feld“) Bestandteile der beiden miteinander konkurrierenden Definitionen sind. Während Mollenhauer von einer gesellschaftskritischen Position ausging, steht Brezinka steht mit seinem Versuch, einen möglichst genauen Erziehungsbegriff zu gewinnen, in der Tradition der analytischen Philosophie, deren Forderung nach begrifflicher Exaktheit bis zu Aristoteles zurückverfolgt werden kann.

    Von einem allgemeinen Oberbegriff (Gattungsbegriff) ausgehend, lassen sich Begriffe gemäß den Regeln der klassischen Logik in weitere Klassen von Unterbegriffe untergliedern. Schematisch läßt sich das durch einen sogenannten logischen Baum veranschaulichen. Jede Begriffsklasse ist von der nächsthöheren durch eine bestimmte Differenz unterschieden. Die Definition eines Begriffs nach den Regeln der klassischen Logik geschieht, indem zu ihm der nächsthöhere Gattungsbegriff (lat. genus proximum) und die spezifische Differenz (lat. differentia specifica) gebildet wird.



    Erziehung läßt sich unterteilen in absichtsvolle (intentionale) und absichtslos einwirkende (Erziehung). Diese beiden Unterklassen lassen sich wiederum weiter unterteilen. Suche ich dagegen einen allgemeineren Begriff für Erziehung, so würde der „nächsthöhere“ Begriff soziales Handeln sein. Dem sozialen Handeln übergeordnet ist Handeln als „zielbestimmte Tätigkeit“, die sich von nicht zielbstimmten Tätigkeiten unterscheidet. Tätigkeit, menschliche Akttvität, bildet den obersten Begriff So läßt sich die Erziehungsdefinition in folgendem Ableitungsschema veranschaulichen:

    Tätigkeit

    zielbestimmte Tätigkeit (Handeln) nicht zielbestimmte Tätigkeiten

    soziales Handeln technisches Handeln (z.B. Werkzeuggebrauch)



    Erziehung andere Formen sozialen Handelns (z.B. Krankenpflege)

    intentionale Erziehung funktionale Erziehung



    durch

    Eltern Pädagogen Medien Peer group relevante Erfahrungen in Freizeit und Ausbildung

    Als Kontrolle der so gewonnenen Begriffsdefinition ist die Überprüfung des Begriffsverständnisses anderer Autoren hilfreich - einschließlich etymologischer und sprachvergleichender Analysen. Die logische Begriffsableitung bietet allerdings nur einen allgemeinen Rahmen, der der weiteren inhaltlichen Bestimmug bedarf. Wer wie Mollenhauer politisch argumentiert, wird Erziehung nicht auf pädagogische Intentionen beschränken, sondern deren Abhängigkeit von gesellschaftlichen Bedingungen postulieren. Brezinka könnte dem entgegenhalten, daß Erziehung nicht in den Dienst politischer Zielsetzung von „Gesellschaftsveränderern“ genommen werden dürfe. Damit deutet sich an, daß Argumentationsbarrieren nicht im Mangel an Rationalität, sondern in normativen Differenzen der jeweiligen Begründungskontexte liegen.


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