plare bei
einer Bestattung - gefunden, wo sie in der Regel bei den Schläfen lagen. Ver-
mutlich waren sie zumeist auf einem Band aus Leder oder Stoff befestigt, manchmal
auch in die Haare geflochten (J
U
ˇ
SKO
1967: 48; S
EDOV
1982: 149). In einigen Fällen
gelang es festzustellen, daß sie durch Birkenrinde gefädelt, mit einem Wollband zusam-
mengebunden oder auf eine Wollschnur aufgezogen waren (N
IKOL
’
SKAJA
1981: 107).
Neuere Befunde brachten auch Beispiele für mehrere auf einem Band aus Seidengewebe
übereinander angeordnete Schläfenringe (S
ABUROVA
1997: 323 Taf. 77, 1).
Bis zum Beginn der neunziger Jahre waren bereits etwa 2000 Exemplare dieses Typs
bekannt, zumeist aus Kurganen des Moskva-Oka-Beckens. Sie alle wurden nach Wachs-
modellen gegossen (M
AKAROVA
& R
AVDINA
1992: 68). Das Ornament der siebensprossi-
gen Schläfenringe zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Konsequenz aus. Sie wurden
mit völliger Wiederholung der Details immer wieder gefunden (A
RCICHOVSKIJ
1947b:
80). Der blechförmige Teil des Schmuckstückes hat im oberen Teil einen scharfen Rand
mit sieben nach oben gerichteten Zähnchen. In die sieben Sprossen am unteren Rand
reichen gravierte Winkelmuster (M
AKAROVA
& R
AVDINA
1992: 68). Die Mitte schmückt
häufig eine Verzierung aus einer schraffierten Doppellinie, die die Konturen betont und
die in das Wachsmodell eingetieft wurde. Die Mehrzahl der siebensprossigen Schläfen-
ringe ist nur mit diesem Muster verziert (A
RCICHOVSKIJ
1947b: 80).
Schon früh wurden die siebensprossigen Schläfenringe in verschiedene Typen unterteilt,
die sich im wesentlichen an der Form der Sprossen, dem Vorhandensein oder Fehlen
kleiner Ringelchen am Übergang vom drahtförmigen zum plattenförmigen Teil des
Schmuckstückes sowie an der Art der Verzierung orientierten. Während die frühesten
dieser Schläfenringe, die ins 11. und an den Anfang des 12. Jh. datiert werden, noch
rundlich verbreiterte, leicht verdickte und unverzierte Sprossen haben und keine seitli-
chen Ringelchen aufweisen, werden die Sprossen in der folgenden Stufe ihrer Ent-
wicklung flacher und bekommen annähernd axtförmige Umrisse; seitlich am Bügel
erscheint je ein kleines Ringelchen. Die Fläche trägt einfache Verzierung: zuerst eine
gestrichelte Zone, später zwei solcher Streifen, die den oberen und unteren Rand beglei-
ten. Auch die Maße vergrößern sich nun etwas. Diese Formen, zu denen auch die bei-
den Exemplare aus dem ehemaligen Gouvernement Moskau zu zählen sind (Taf. 1/1-2),
werden allgemein in das 12.-13. Jh. datiert (M
AKAROVA
& R
AVDINA
1992: 68). Ihre
Verbreitung deckt sich genau mit den in den Chroniken des 12. Jh. als Land der Vjatiˇcen
bezeichneten Gebieten. Außerhalb davon wurden sie nur vereinzelt angetroffen und
spiegeln dort ohne Frage eine Ansiedelung aus dem Land der Vjatiˇcen (S
EDOV
1982:
149) oder, wie z.B. Funde in der Novgoroder Schicht des 12. Jh.
11
belegen, die Anwe-
senheit vjatitischer Frauen wider (S
EDOVA
1959: 224).
Über die Herkunft dieser speziellen Schmuckform besteht noch keine einhellige Mei-
nung, jedoch wurde mehrfach arabisch-iranischer Einfluß in Erwägung gezogen. (S
IZOV
’
1895: 177-188; R
YBAKOV
1948: 106 f.; S
EDOV
1982: 150). Als am wahrscheinlichsten
wird allerdings ihre Entwicklung aus Ringen mit sieben Strahlen, wie sie von Denk-
mälern des 8.-10. Jh. im südlichen Teil des ostslavischen Territoriums bekannt wurden,
H
EINRICH
: Ostslavische Grabfunde in der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums
101
11
Die häufigen Vergleiche mit Funden aus Novgorod begründen sich auf die Tatsache, daß Novgorod, eine
der bedeutendsten altrussischen Städte und bekanntes Handelszentrum, seit 1929, besonders aber nach
1951 systematisch erforscht wurde. Dabei konnten über 200 Holzhäuser, darunter verschiedenste Werk-
stätten, aus dem 10.-15. Jh. in mehreren Schichten aufgedeckt werden. Berühmt wurden auch die zahl-
reichen Birkenrinden mit geschäftlichen und privaten Inschriften.
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102
Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien 101 A
angesehen. Im Prozeß ihrer weiteren Entwicklung auf vjatitischem Gebiet nahmen sie
dann, urteilend nach den Verzierungen, auch östliche Einflüsse auf (S
EDOV
1982: 150).
Fingerringe:
Fast immer finden sich in den vjatitischen Frauengräbern Fingerringe. Sie wurden an
den Fingern beider Hände getragen, ein bis zehn Stück. Beginnend mit dem 12. Jh., in
Verbindung mit der Verbreitung des Christentums bei den Vjatiˇcen, finden sich Finger-
ringe in einzelnen Bestattungen, wo die Fundlage beobachtet werden konnte, auch in
einem ledernen oder gestrickten Beutel, auf einem Stück Birkenrinde oder als Bündel
(manchmal bei den Füßen des Bestatteten) als „Geschenk“ (A
RCICHOVSKIJ
1947b: 79;
N
IKOL
’
SKAJA
1981: 112).
Durchbrochene Fingerringe:
In den hier vorgestellten Komplexen liegen Fingerringe verschiedener Typen vor. Am
auffälligsten sind wohl die - teils nur in Fragmenten vorliegenden - Stücke mit breitem,
gitterartig durchbrochenem Vorderteil (Taf. 1/3, 6-7). Die Durchbrüche dieser Finger-
ringe bilden verschiedenartige, in der Mehrzahl geometrische Muster (A
RCICHOVSKIJ
1947a: 17). Überwiegend finden sich bei den Vjatiˇcen jene mit einem Muster aus einer,
zwei oder drei Zickzackreihen.
Diese gitterartig durchbrochenen Fingerringe waren bei den Vjatiˇcen am weitesten ver-
breitet. Auch sie sind eines ihrer Stammeskennzeichen. Der Fund eines solchen Finger-
ringes in Novgorod zeugt wieder von den Verbindungen der Vjatiˇcen mit diesem großen
Zentrum der altrussischen Kultur (S
EDOVA
1959: 255). Bis in die 60er Jahre waren aus
vjatitischen Kurganen bereits über 300 dieser charakteristischen Fingerringe bekannt
(N
IKOL
’
SKAJA
1981: 112).
Blechförmige Fingerringe:
Blechförmige Fingerringe gehören gleichfalls zu den verbreitetsten Arten und sind in
großer Anzahl unter den Altertümern aller slavischen Stämme bekannt, auch in den
Kurganen des Novgoroder Landes. Sie sind gegossen oder aus dünnen Blechen herge-
stellt. Einige sind verziert, andere glatt (S
EDOVA
1959: 254).
Für die Vjatiˇcen, besonders für die vjatitischen Kurgane des Moskauer Bezirkes, wo
mehr als 130 Exemplare gefunden wurden, sind Fingerringe aus dünnem Blech mit ver-
breiterter Mitte und verschiedenen Tremolierstichmustern (Taf. 3/1-5) charakteristisch
(N
IKOL
’
SKAJA
1981: 112; E
NUKOV
1987: 192 - hier als Rädchenstempel bezeichnet).
In der Kurgangruppe beim Dorf Bitjagovo war zu beobachten, daß die Frauen die blech-
förmigen Fingerringe mit breiter Mitte überwiegend auf der rechten Hand, dagegen die
gitterförmigen Fingerringe auf der linken Hand trugen (R
OZENFEL
’
DT
1973: 199).
Am häufigsten treffen sich die Ringe mit verbreiterter Mitte in Denkmälern des 12.-13.
Jh. (N
IKOL
’
SKAJA
1981: 112).
Tordierte und gekerbte Fingerringe:
Verschiedenartige drahtförmige, tordierte und gekerbte, Fingerringe sind bei der ländli-
chen Bevölkerung des 10.-13. Jh. auf einem weiten Gebiet verbreitet und bilden auch in
den Kurganen der Vjatiˇcen keine Besonderheit (N
IKOL
’
SKAJA
1981: 113; S
EDOV
1982: 150).
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