Knick
Die Aufnahme grosser Mengen an Natrium über die Nahrung
– zum Beispiel in Form von Kochsalz – kann sich negativ auf
die Gesundheit auswirken. Zahlreiche Rechtsprechungen ha-
ben hierauf reagiert, indem sie eine Angabe des Natriumge-
halts auf der Lebensmittelverpackung vorschreiben.
Damals: Schwierigkeiten und Schönheitsfehler
Die titrimetrische Natriumbestimmung erfolgt bis heute meist
indirekt: Anstelle von Natrium bestimmt man Chlorid mittels
argentometrischer Titration; aus der Stöchiometrie von Natrium-
chlorid wird schliesslich der Natriumgehalt abgeleitet. Diese Me-
thode hat allerdings einen Schönheitsfehler: Natrium kommt
in Lebensmitteln nicht ausschliesslich mit Chlorid als Gegenion
vor. So neigt die Methode zur Unterschätzung der tatsächli-
chen Natriumkonzentration.
Erstmals nutzte Sajó
1
die exotherme Fällung von Elpasolith
für die Natriumbestimmung . Die enthalpimetrische Methode
basiert auf der Bestimmung der Temperaturdifferenz in der
Probe, die sich im Verlauf der Reaktion
Na
+
+ 2K
+
+ Al
3+
+ 6F
-
NaK
2
AlF
6
einstellt. Der Temperaturanstieg in der Probe korreliert mit der
Natriummenge. Um ein akkurates Ergebnis zu erhalten, sind
sehr präzise kalorimetrische Messungen nötig. Doch das setzt
hochqualifi ziertes Laborpersonal voraus und ist für die Routi-
neanalytik schlicht zu umständlich.
In der Anwesenheit eines Überschusses an Kalium- und Fluoridionen geht
Natrium mit Aluminium eine exotherme Reaktion ein, bei der NaK
2
AlF
6
(Elpasolith) entsteht. Diese Reaktion bildet die Grundlage einer neuen
titrimetrischen Methode zur Bestimmung von Natrium in Lebensmitteln.
Der Endpunkt wird thermometrisch bestimmt: Ein Knick in der Temperatur-
kurve verrät den vollständigen Verbrauch des Natriums. Die Methode
ist schnell, unkompliziert und zuverlässig, und sie eignet sich durch ihre
Automatisierbarkeit für Routinekontrollen, auch im Prozess.
Natrium wird zum Beispiel in Form
von Kochsalz (Abbildung) über die
Nahrung aufgenommen. Lebensnot-
wendig in kleinen Mengen, können
sich grosse Mengen an Natrium ne-
gativ auf die Gesundheit auswirken.
Eine akkurate Natriumbestimmung in
Lebensmitteln ist unverzichtbar.
Natrium direkt titrimetrisch bestimmen
INFORMATION
| 2 | 2014
13
Bekannte Chemie für neue Methode
Die neue, thermometrische Methode zur Natriumbestim-
mung, die im Journal of Agricultural Chemistry and Envi-
ronment veröffentlicht wurde, nutzt dieselbe, von Sajó be-
schriebene Titrationsreaktion. Als Sensor dient auch hier ein
Thermometer, das sich im Titriergefäss befi ndet. Die Tempera-
turmessung dient aber nur der Endpunktbestimmung. Weil es
sich um eine exotherme Raktion handelt, steigt die Tempera-
tur. Ein Knick in der Temperaturkurve markiert den Endpunkt.
Aus der Menge des bis zum Endpunkt verbrauchten Titriermit-
tels und der Reaktionsstöchiometrie wird schliesslich die Natri-
ummenge errechnet. Das macht die Methode wesentlich ein-
facher in der Ausführung und dadurch zuverlässiger.
Durchführung
Titriert wird mit einer Lösung, die Aluminium- und Kaliumio-
nen im Verhältnis 1:2.2 enthält. Gegenüber dem stöchiome-
trischen Verhältnis der Titrationsreaktion ist Kalium in einem
Überschuss von 10 % enthalten. Aluminium ist das limitieren-
de Reagenz; die Titerstellung erfolgt daher gegen einen Alu-
miniumstandard. Ein Überschuss Fluorid, der dem Titriermittel
in Form von NH
4
F oder NH
4
F·HF zugesetzt wird, verschiebt das
Gleichgewicht der Reaktion nach rechts.
Die Probenvorbereitung, so nötig, ist im Allgemeinen unkom-
pliziert. Es muss lediglich sichergestellt werden, dass der Ana-
lyt nicht durch die Matrix an der Reaktion mit dem Titriermittel
gehindert wird, dass die Probe homogen und hinreichend mo-
bil ist, und dass sie keine Substanzen enthält, die die stöchio-
metrische Endpunktbestimmung verfälschen.
Die thermometrische Titration
eignet sich zur routinemässigen
Bestimmung von Natrium in
allerlei Lebensmitteln. Abbil-
dung 1 zeigt eine Bestimmung
in Instantnudeln.
Applikationsbericht
Applikationsbericht
14
Ein Beispiel: Instantnudeln
Die Titrationskurve einer Natriumbestimmung in Instantnu-
deln ist in Abbildung 1 zu sehen. Die Nudeln werden zunächst
mit einem elektrischen Mixer zerkleinert, um die Konsistenz
von grobem Mehl zu erhalten. Durch einige Minuten Inkuba-
tion in Trichloressigsäure (TCA) wird Natrium aus der Matrix
befreit und die Probe nach Zugabe von Aceton homogeni-
siert – Aceton verhindert das Aufquellen der Stärkekörner und
erhält so die Mischbarkeit der Probe. Die Messung mit dem
859 Titrotherm liefert innerhalb weniger Minuten präzise, re-
produzierbare Ergebnisse.
Fazit
Die thermometrische Titration erlaubt eine akkurate Bestim-
mung des Natriumgehalts von Lebensmitteln bei geringem
Aufwand und vollständiger Automatisierbarkeit. Sie ist damit
besonders geeignet für die Routineanalytik. Ausgearbeitete
Methoden liegen für zahlreiche Lebensmittel vor. Die Original-
publikation kann gratis auf der Webseite des Journal of Agri-
cultural Chemistry and Environment heruntergeladen werden.
Referenzen
[1] Sajó, I. (1969) Magyar Kemiai Folyoirat 75, 1–3
Quelle: Smith, T. and C. Haider (2014) J. Agric. Chem. Environ.
3(1B) 20–25
Abbildung 1. Thermometrische Titration von Natrium in Instantnudeln.
Der Knick in der Temperaturkurve (schwarz), besser erkennbar als Mini-
mum der zweiten Ableitung (grau), markiert den Endpunkt.
INFORMATION
|
2 | 2014
15