Selen
Zu den unerlässlichen Heilhilfen bei einer Krebser-
krankung gehört das Spurenelement Selen. In den
letzten Jahren haben Wissenschaftler und Ärzte
immer neue Wirkungen entdeckt, die dafür spre-
chen, diese Substanz bei jedem Kranken einzuset-
zen. Selen schützt den Patienten vor den Nebenwir-
kungen einer Chemo- oder Strahlentherapie, es
hemmt das Fortschreiten der Erkrankung, aktiviert
die Abwehrzellen, erhöht das Allgemeinbefinden
und trägt zu einer besseren Lebensqualität bei.
Was ist Selen ?
Selen gehört chemisch zu den Halbmetallen. Erst
1957 wurde entdeckt, dass es im Organismus eine
lebenswichtige Rolle im Stoffwechsel und als
Schutzstoff vor Erkrankungen spielt. Es ist „essenti-
ell“, wie die Wissenschaftler Substanzen bezeich-
nen, die unbedingt mit der Nahrung zugeführt
werden müssen.
Pflanzen nehmen das Selen aus dem Boden auf, und
über die Nahrungskette gelangt es in den Körper
des Menschen. Für unser Wohlergehen brauchen
wir Selen nur in winzigen Mengen von einigen
Millionstel Gramm pro Tag. Das wird in
Mikrogramm ausgedrückt, abgekürzt als
g.
Wie wirkt Selen ?
Selen zählt zu den Antioxidanzien. Das sind – wie
auch die Vitamine A, C, E sowie die Karotine aus
Möhren oder Tomaten – Stoffe, die schädliche freie
Radikale abwehren. Freie Radikale bilden sich stän-
dig im Körper. Es sind Spaltprodukte, die beim
Stoffwechsel entstehen. Chemisch handelt es sich
um heftig reagierende Molekülkomplexe, denen
winzige Atomteilchen fehlen. Mit allen Mitteln
versuchen sie, sich diese Teilchen zu greifen. Das
tun sie äußerst radikal, ohne Rücksicht auf den
Organismus. Sie reißen die fehlenden Teilchen auch
aus gesunden Geweben und Zellen heraus. Diese
Schäden summieren sich und machen krank.
Freie Radikale bilden sich jedoch nicht nur beim
Stoffwechsel. Belastungen aus der Umwelt führen
dazu, dass sie mitunter massenweise entstehen.
Starke Sonnenbestrahlung löst sie in der Haut aus,
Raucher inhalieren mit jedem Zug Millionen davon.
Schadstoffe und Stress zählen zu den Auslösern.
Während einer Chemo- oder Strahlentherapie über-
fluten sie den Körper geradezu.
Bei der Bestrahlung werden sie sogar bewusst ge-
nutzt, um die Krebszelle von innen her zu zerstören.
Natürliche Stoffe können die freien Radikale un-
schädlich machen. Man nennt sie Antioxidanzien
oder Radikalenfänger. Sie wirken – vereinfacht
gesagt – indem sie den freien Radikalen das fehlen-
de Teilchen liefern, ohne selbst Schaden zu nehmen.
So ein Radikalenfänger ist neben einigen Vitaminen
und pflanzlichen Farbstoffen das besonders wirksa-
me Selen. Außerdem ist es Bestandteil von Entgif-
tungsenzymen.
Was bewirkt Selen ?
Freie Radikale gelten heute vielen Forschern als
„Krankmacher Nr. 1“. Vor allem chronisch verlau-
fende Krankheiten werden ihnen angelastet: Vorzei-
tiges Altern, Adernverkalkung, Herzleiden, Entzün-
dungen, Rheuma – und auch Krebs. Wenn freie
Radikale bis ins Zellinnere, den Zellkern, vordringen
– und das können sie – beschädigen sie lebenserhal-
tende Gene. Die Reparatur kleiner Zellschäden
funktioniert nicht, die Zellteilung wird nicht mehr
ordentlich gesteuert, vor allem aber: Die in jeder
Zelle vorhandenen Kontrollgene nehmen Schaden.
Sie sagen nicht mehr „stopp“, wenn eine Zelle zu
wuchern beginnt oder sie lösen nicht mehr den
Selbstmord bösartiger Zellen (Apoptose) aus, wie es
normal geschieht.
Solche Schäden kann Selen verhindern. Es ist der
Hauptwirkstoff in dem Enzym Glutathionperoxidase.
Dieses sorgt besonders innerhalb der Zelle dafür,
dass freie Radikale abgefangen und unschädlich
gemacht werden, bevor sie Unheil anrichten kön-
nen.
Wann brauchen Sie Selen ?
Viele neue Forschungen belegen, dass Selen beson-
ders bei Krebserkrankungen einen hohen Stellen-
wert hat. Sehr ausgeprägt ist seine Schutzwirkung.
Durch die Abwehr von freien Radikalen verhindert
es die Entartung von Zellen. Große Studien ergaben,
dass eine hohe Selenzufuhr (täglich bis 200
g) die
Zahl der Krebserkrankungen reduziert, bei Darm-,
Lungen- und Prostatakrebs um etwa die Hälfte.
Neben dem Schutz vor Krebs stärkt Selen die Hei-
lungskräfte. Es stabilisiert und aktiviert das Immun-
system. Es bilden sich mehr Antikörper, Killerzellen
und Abwehr-Lymphozyten.
Selen hilft, die Zellteilung zu normalisieren und es
fördert die Apoptose, also den Selbstmord kranker
Zellen. Selen unterstützt die Entgiftung von Schad-
stoffen.
Ungewöhnlich wirksam ist Selen als Begleitbe-
handlung parallel zur Chemo- oder Strahlenthera-
pie. Die Nebenwirkungen können deutlich vermin-
dert werden. Die Leukozyten und Lymphozyten im
Blut sinken nicht so stark ab, das Abwehrsystem
wird weniger geschädigt. Vor allem aber werden
quälende Entzündungen der Schleimhäute vermin-
dert oder verhindert, die bei Chemo- oder Strahlen-
behandlungen häufig auftreten. Selen beugt auch
der Bildung von Lymphödemen vor.
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In einer Studie zeigte sich, dass die von vielen Pati-
enten beklagte Erschöpfung („Fatigue“) seltener
und milder auftritt. Die Patienten erhielten zur
Nachbehandlung ein halbes Jahr lang 200 bis 300
g Selen, oft zusammen mit Vitaminen, Mistel oder
Thymus. Sonst häufige Beschwerden wie Mattigkeit,
Antriebsverlust, Schmerzen, Befindensstörungen,
Appetitlosigkeit und Immunschwäche besserten
sich.
Wie viel Selen brauchen Sie?
Über den normalen Bedarf gibt es noch etwas un-
terschiedliche Auffassungen. Die folgenden Dosis-
Angaben schließen die der Nahrungsaufnahme ein.
Normalbedarf: Die Deutsche Gesellschaft für Ernäh-
rung empfiehlt täglich 30 bis 70
g. Für amerikani-
sche Selen-Forscher reicht das nicht, um einen wirk-
samen Krebsschutz zu erreichen. Sie empfehlen 110
g, für Risikopersonen (z. B. für Raucher, bei Dauer-
stress) sogar bis zu 200
g täglich. Neueren For-
schungsergebnissen zufolge hängt die optimale
Dosierung von dem im Blut gemessenen Selenspie-
gel ab. Bei an Krebs Erkrankten gelten Selenspiegel
zwischen 130 und 150 µg/l als optimal. Zu niedrige
aber auch zu hohe Selenwerte können langfristig
einen negativen Einfluss auf die Gesundheit
haben. Am besten ist es, wenn vorher der Selen-
spiegel im Vollblut gemessen wird.
Während der Behandlung sollen die empfohlenen
Selendosierungen deutlich erhöht werden. Für die
Therapiephase und danach empfehlen Ärzte:
Vorbehandlung: Die Selen-Einnahme soll vor der
Operation oder dem Beginn anderer Therapien mit
200 bis 300
g täglich beginnen, um die Selenspei-
cher des Körpers aufzufüllen.
Jeweils am Tag der Chemotherapie oder der Strah-
lentherapie soll die Dosis auf 500 bis 1000
g er-
höht werden – eine Stunde vorher einzunehmen
oder als Injektion. An den behandlungsfreien Tagen
werden 200 bis 300
g pro Tag angeraten.
Nachbehandlung: Bis
zu drei Monate nach Ab-
schluss der Behandlung sind täglich 200
g, danach
täglich etwa 100 bis 150
g ratsam.
Um die Selengabe individuell anzupassen, istes bei
längerfristiger Einnahme sinnvoll, den Selenspiegel
im Blut zu bestimmen.
Lymphödeme: Zur Unterstützung der Lymphdraina-
ge werden als Stoßtherapie 800
g, bis zur Ab-
schwellung 500
g und dann langfristig
200
g pro Tag empfohlen.
Selen in
hefegebundener Form soll möglichst zu-
sammen mit den Radikalenfängern Vitamin C, E und
Karotinen genommen werden. Werden Mittel auf
Hefebasis nicht vertragen, kann mit Spirulina-Algen
der Bedarf gedeckt werden.
Sie verstärken sich gegenseitig in der Wirksamkeit.
Zwischen der Einnahme von Selen in anorgani-
scherForm (z. B. Natriumselenit) und Vitamin C
bzw. Zink soll ein Abstand von mindestens zwei
Stunden eingehalten werden. Durch die Gabe von
Selen – auch in diesen hohen Dosen – wird die
Wirkung von Strahlen oder Zytostatika nicht beein-
trächtigt. Eher ist das Gegenteil der Fall. Andere
Auffassungen haben sich in der Praxis nicht bestä-
tigt.
Wie giftig ist Selen ?
Wie bei allen Arzneistoffen kommt es bei der An-
wendung auf die Dosis an. Selen hat eine relativ
geringe verträgliche Breite. Hohe Mengen über
lange Zeit genommen sind schädlich. Nebenwirkun-
gen treten jedoch erst bei monatelanger Daueran-
wendung von über 500
g pro Tag auf. Die hier
gegebenen Bedarfsempfehlungen liegen im un-
schädlichen Bereich.
Erste Zeichen für eine Überdosierung sind Knob-
lauchgeruch, Haarausfall oder Magenbeschwerden.
Kurzzeitig werden auch Dosierungen bis 1000
g
ohne Folgen vertragen.
Wo kommt Selen vor?
Deutschland gehört zu den Gebieten, wo die Acker-
böden relativ wenig Selen enthalten. Mit der übli-
chen Ernährung werden durchschnittlich 30 bis 50
g täglich aufgenommen. Das liegt an der unteren
Grenze des normalen Bedarfs.
An Selen reiche Nahrungsmittel sind – jeweils µg in
100 Gramm Ware: Kokosnuss (810), Sesam (800),
Steinpilze (184), Paranüsse (103), Sonnenblumen-
kerne (69), Innereien (60), Sojabohnen (60), Lein-
samen (59), Fisch (30 bis 70), Eigelb (30), Fleisch
(20), Getreideprodukte (10), Milchprodukte (4) und
Gemüse (1). Kokosmilch, Kokosflocken und Kokos-
fett sind somit neben Sesam die beste Quelle für
Selen.Da die tägliche Ernährung oft nur einen Teil
des Bedarfs deckt, sind bei Krebspatienten zusätzli-
che Einnahmen ratsam. Zur täglichen Nahrungser-
gänzung eignen sich Selen-Hefe-Präparate, die es
von vielen Herstellern gibt, oft in Kombination mit
Vitaminen. Diese Präparate enthalten meist 50
g
Selenhefe.
Zu therapeutischen Zwecken eignet sich Natrium-
selenit besser, es wird schneller vom Körper aufge-
nommen, wirkt direkter und kann höher dosiert
werden. Kapseln oder Ampullen zum Trinken bzw.
zur Injektion enthalten 100 bis 500
g Selen. Nor-
malerweise benötigt man für Präparate, die mehr als
50 µg enthalten, ein Rezept. Einige Krankenkassen
erstatten bei Nachweis eines zu niedrigen Blut-
Selenspiegels und vorliegendem Kassenrezept die
Kosten.Inzwischen gibt es Hersteller, die höher
dosierte Präparate anbieten, ohne dass ein Rezept
benötigt wird (z.B. Selenase XXL® oder Cefasel
nutri®). Diese Mittel sind nur in Apotheken erhält-
lich und werden von den gesetzlichen Kassen nicht
erstattet, da diese nicht rezeptpflichtig sind.
Ausführliche Informationen zur Kostenerstattung
finden Sie auf unserem GfBK-Info „Kostenerstat-
tung von Selen“.
© August 2013, Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V., Voßstr. 3, 69115 Heidelberg